Folge 9 - KinderPalliativNetzwerk Maria Bünk
Shownotes
"Du kannst dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben". Familien und Kinder sind der Kern der Zukunft unserer Stadt. Sie zu unterstützen, ist der Beruf von Maria Bünk. Sie leitet das KinderPalliativNetzwerk Essen, das Familien begleitet, wenn das wohl Schlimmste passiert: wenn Kinder lebensverkürzend erkranken, also vor ihren Eltern von dieser Welt gehen. Ein hoffnungsvolles, nachdenkliches, auch mal vergnügliches Gespräch über das Jetzt, damit es für Familien ein Morgen gibt. Unterstützen Sie die Arbeit des Netzwerks: https://www.gut-fuer-essen.de/projects/88541
Transkript anzeigen
00:00:00: Wir können nicht gut machen, dass Kinder sterben.
00:00:04: Wir können Hilfestellung bieten, einen Weg damit zu finden,
00:00:09: der einen weiter leben lässt.
00:00:11: Wir sind hier im Büro und bei Ihrer Arbeit auch mal gelacht.
00:00:16: Und wie wir hier lachen. Hier wird viel gelacht.
00:00:19: Wir sind ein lustiger Haufen, wir sind ein lebendiger Haufen.
00:00:22: Wir sind eine Vielfalt von Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen
00:00:27: und auch Typen. Das macht es hier auch so bunt.
00:00:30: Das muss auch so sein. Das bereichert uns unendlich.
00:00:33: Zu Hause in Essen. Ein Podcast der Sparkasse Essen.
00:00:39: Mit Tobias Häusler.
00:00:42: Schön, dass Sie da sind. Ein paar Insights für Sie,
00:00:45: die bisher erfolgreichste Folge ist, die "Zer Zeche Zollverein".
00:00:48: Mit Hans-Peter Neul geht es um die Atmosphäre, auch um die Zukunft der Zeche,
00:00:52: die gerade erst eine spektakuläre Boys-Ausstellung eröffnet hat.
00:00:56: Also beste Empfehlung.
00:00:58: Heute geht es um das Herz der Zukunft.
00:01:02: Für mich sind das Kinder und Familien in Essen.
00:01:06: Es ist natürlich traurig, wenn Kinder so schwer krank sind,
00:01:09: dass sie absehbar sterben werden.
00:01:11: Dann gibt es ein ganzes Netzwerk in Essen,
00:01:13: dass der Familie zur Seite steht,
00:01:15: damit sie eben wieder ins Leben zurückfindet.
00:01:18: Also wenn wir über die Zukunft von Essen sprechen,
00:01:21: dann sprechen wir auch über die Arbeit von Maria Bünk.
00:01:24: Sie leitet das Kinder-Paliativ-Netzwerk in Essen, das KPN.
00:01:28: Und es wurde im Gespräch direkt über einem Kindergarten übrigens,
00:01:31: ein Gespräch über das Leben.
00:01:34: Auch wenn ich zu Beginn, ja, großen Respekt hatte,
00:01:37: vor diesem doch sehr speziellen Thema.
00:01:40: Man hat nicht wirklich Berührungspunkte, bestenfalls, ne?
00:01:44: Familien mit Kindern zu begleiten, die schwer krank sind
00:01:48: oder auch absehbar sterben werden.
00:01:51: Kann man sich daran gewöhnen?
00:01:53: Gibt es eine Routine?
00:01:55: Ich würde sagen daran gewöhnen, nein.
00:01:59: Eine gewisse Routine müssen wir sicherlich,
00:02:01: oder werden wir sicherlich mit der Zeit haben,
00:02:04: wenn man länger in der Arbeit ist.
00:02:06: Aber das bedeutet nicht, dass man sich daran gewöhnt.
00:02:09: Das heißt nicht, dass es gewöhnlich wird, dass es normal wird,
00:02:12: wenn wir eine Nachricht bekommen,
00:02:14: dass ein Kind verstorben ist oder auch in der Begleitung waren.
00:02:17: Ist es einfach, sich dazu resetten und zu merken,
00:02:20: ist es jetzt wieder eine neue Familie,
00:02:23: ein wieder weißes Blatt Papier,
00:02:25: die haben noch gar keine Berührungspunkte mit meiner Arbeit gehabt?
00:02:28: Also jeder Kontakt mit einer neuen Familie ist ein besonderer Kontakt.
00:02:31: Jede Begleitung ist eine besondere,
00:02:33: weil es eben genau um diese Familie geht.
00:02:36: Ich glaube, dass es gar nicht ums Resetten geht,
00:02:39: sondern immer wieder neue Begegnungen gehen.
00:02:42: Für uns immer wieder neu in einen Kontakt zu gehen und zu gucken,
00:02:45: was diese Familie für Themen, was beschäftigt diese Familie,
00:02:48: was können wir für Begleitungs- und Unterstützungsangebote machen
00:02:51: und was möchte die Familie dann auch in Anspruch nehmen?
00:02:54: Das ist ja nicht so, dass alles immer für alle Familien gleich ist
00:02:57: und gleich passt.
00:02:59: Deswegen ja auch der Netzwerkgedanke,
00:03:01: aber da kommen wir noch ausführlich drauf.
00:03:03: Also eine Familie erwartet ein Kind, es kommt zur Welt,
00:03:07: es ist krank, es hat keine guten Chancen, lang zu leben.
00:03:11: Haben Sie Zahlen, wie oft das überhaupt passiert?
00:03:14: Wie viele Kinder haben sich einmal von 10.000?
00:03:17: Tatsächlich, das kann ich gar nicht wirklich sagen,
00:03:20: aber ich kann Ihnen sagen, was bei uns ist.
00:03:22: Wir im Kinderparlietiv-Netzwerk begleiten in der Regel
00:03:26: so um die 130 Familien im Jahr.
00:03:29: Das sind alles Familien mit Lebensverkürzen der kranken Kindern
00:03:32: in unterschiedlichsten Situationen.
00:03:34: Es gibt Kinder, die schon bei Geburt eine schwere Diagnose haben,
00:03:37: wo man weiß, sie haben nur eine sehr kurze Lebenserwartung
00:03:40: und es gibt auch Diagnosen, wo man weiß,
00:03:43: das sind lange Krankheitsverläufe,
00:03:45: die aber ohne Aussicht auf Heilung sind.
00:03:48: Und dann gibt es natürlich auch die onkologisch kranken Kinder,
00:03:51: die einfach nach einem Therapieversuch,
00:03:54: nach Möglichkeiten, nach Operationen, nach Therapien, Chemo,
00:03:58: doch eben nicht gehalten werden können
00:04:01: und in die palliative Situation kommen.
00:04:03: Jetzt möchte ich mich mal ganz naiv diesem Thema nähern.
00:04:05: Also eine Familie hat ja Freundinnen und Freunde,
00:04:08: eine gute Ärztin, einen guten Arzt.
00:04:10: Das Kind ist gut betreut, im schlimmsten Fall
00:04:13: und darüber sprechen wir ja, stirbt dieses Kind.
00:04:15: Und das stehe ich durch als Familie, als Vater, als Mutter.
00:04:18: Wenn ich das nicht alleine schaffe,
00:04:20: dann hilft mir vielleicht noch eine Psychologin,
00:04:23: eine Psychologe. Wo kommen Sie ins Spiel?
00:04:26: Es geht oft damit los mit ganz einfachen Dingen,
00:04:29: dass Sachen benötigt werden,
00:04:32: wo man nicht so richtig weiß, wie man dran kommt.
00:04:35: Wenn es uns gut geht im Leben, kennen wir diese Situation nicht
00:04:38: und wissen nicht, wie macht man Dinge,
00:04:41: wie, was gäbe es für Unterstützungsleistungen,
00:04:44: wie kriegen wir das zu Hause hin, wen kann ich ansprechen.
00:04:47: Mit wie meinen Sie jetzt die Familie, die betroffen ist,
00:04:49: die zum ersten Mal natürlich, im besten Fall,
00:04:51: zum ersten Mal vor so einer schrecklichen Situation steht?
00:04:54: Genau, genau so.
00:04:56: Und dann merkt man, wir haben Fragen, wir haben Themen,
00:04:59: wir kommen in Belastungssituationen,
00:05:01: für die wir Unterstützung gebräuchten könnten
00:05:04: oder jemanden an unsere Seite gebrauchen könnten,
00:05:07: aber wer könnte das sein?
00:05:09: Und da kommen wir ins Spiel, weil wir halt diese spezielle
00:05:13: Know-how haben, diese Erfahrung in der Arbeit,
00:05:17: in der Begleitung von Familien mit Lebensverkürzen der kranken Kindern.
00:05:20: Wir kennen die Netzwerke, wir kennen die gesetzlichen Grundlagen.
00:05:23: Wir können uns da einfach sehr speziell anbieten,
00:05:26: so wie es für andere Themen im Leben auch spezielle Angebote gibt.
00:05:30: Sie haben gesagt, 130 Familien im Jahr
00:05:32: ist das immer bezogen auf Essen,
00:05:34: ist das ganze Ruhrgebiet, sie versorgen ja mehr.
00:05:37: Das ist im Grunde die Versorgungsregion Ruhrgebiet.
00:05:40: Wir sind unterwegs in Essen und einem Radius von 90 Kilometern.
00:05:43: Wir fahren am Niederrhein bis Wesel-Rees von Essen aus
00:05:48: und in die östliche Region kann das auch uner sein,
00:05:52: kann das auch halt Dortmund sein.
00:05:55: Also es ist einfach eine weite Strecke, die da gefahren wird
00:05:58: und die wir versorgen.
00:06:00: Und ab der Diagnose nehme ich an, verweisen dann Ärztinnen und Ärzte auf sie
00:06:06: und die Familien hören dann zum ersten Mal von ihrem Angebot
00:06:09: oder wie ist der reguläre Weg, wie komme ich zurück?
00:06:11: Meistens sind es die behandelnden Ärzte, aber auch die Kliniken,
00:06:15: weil in der Regel die Lebensverkürzenden erkranken Kinder
00:06:19: an irgendeine Klinik angebunden sind, an Spezialambulanzen,
00:06:23: an Akutbehandlungskliniken, also je nachdem, wie die Situation gerade ist
00:06:28: und diese Versorger sind wichtige Schnittstellen,
00:06:32: um dann auch möglicherweise zu einer Begleitung
00:06:36: durch das Kinderpaliativ-Netzwerk überzuleiten.
00:06:39: Lassen Sie uns sprechen über dieses Netzwerk,
00:06:42: auch über Ihre preisgekrönte Arbeit, muss man ja sagen.
00:06:45: Ich habe noch eine Frage, bevor wir dann in die Tiefe gehen.
00:06:48: Das ist ja ein Podcast über Essen.
00:06:50: Also was Essen heute stark macht, was es in Zukunft besser machen wird.
00:06:54: Glauben Sie, wir kriegen mit diesem Thema, mit Ihrem Thema,
00:06:57: eine hoffnungsvolle, eine helle Episode hin?
00:07:00: Da bin ich mir ganz sicher, weil ich sage mal,
00:07:04: das war ein Zitat einer Mutter, das hat sie uns mal gesagt,
00:07:08: nachdem ihre Tochter verstorben war.
00:07:10: Sie stand hier und sagte, ich wäre froh, ich hätte sie nie kennenlernen müssen,
00:07:15: aber ich bin so froh, dass ich sie kennengelernt habe.
00:07:18: Das hat für mich sehr viel ausgesagt.
00:07:22: Natürlich versuchen wir ein wenig dazu beizutragen,
00:07:26: dass das Leben, was eigentlich unlebbar ist in der Situation,
00:07:30: für Familien lebbar wird, also dass es geht und dass es weitergeht.
00:07:35: Und das ist auch was Helles.
00:07:37: Und es geht darum, Leben zu gestalten.
00:07:39: Es gibt so einen Kernsatz in der Kinderhospietzarbeit,
00:07:42: also in der Erwachsenhospietzarbeit, den kennt man, glaube ich, auch heißes,
00:07:45: du kannst dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr leben.
00:07:49: Und das bringt natürlich was ins Leben.
00:07:52: Das bringt natürlich, bestenfalls auch, ein bisschen Lebendigkeit und Licht
00:07:56: und vor allen Dingen Lebensqualität für die Familien.
00:07:59: Das Kinder-Paliativ-Netzwerk Essen.
00:08:09: Sie sind eine katholische Einrichtung.
00:08:11: Vielleicht erzählen Sie in Kürze etwas zur Struktur.
00:08:14: Sie gehören zur Karätas?
00:08:15: Wir gehören jetzt zur CSE-GGMBH.
00:08:18: Das ist Karitas Sozialdienst katholischer Frauenessen, ein Trägerzusammenschluss.
00:08:23: Wobei man sagen muss, das ist ein katholischer Träger.
00:08:28: Das heißt aber nicht, dass wir nur katholische Familien begleiten,
00:08:31: sondern natürlich ein Angebot sind offen für Menschen aus allen Kulturen
00:08:35: und allen Regionszugehörigkeiten.
00:08:37: Das ist natürlich ein offenes Angebot.
00:08:39: Gehen wir so einen Fall, also ein Case, durch. Diagnose erst mal.
00:08:45: Was kann das sein?
00:08:47: Die Diagnosen sind ganz vielfältig.
00:08:50: Das, was uns allen als erstes einfällt, sind die onkologischen Erkrankungen.
00:08:54: Krebs.
00:08:55: Krebserkrankungen.
00:08:56: Das ist ungefähr ein Drittel der Kinder, die wir begleiten haben. Krebs.
00:09:03: Dann gibt es die Gruppe der Kinder mit sehr seltenen Erkrankungen,
00:09:09: mit sehr seltenen Diagnosen, die wir zum Glück erst mal nicht kennen,
00:09:13: wenn wir noch nie damit befasst sind.
00:09:15: Dann gibt es die schwerstmehrfach behinderten Kinder,
00:09:18: die über ein Fortschreiten ihrer Erkrankungen irgendwann
00:09:21: in eine palliative Versorgungssituation kommen.
00:09:24: Oder zum Beispiel auch stoffwechselerkrankte Kinder,
00:09:27: die auch über eine Stoffwechselerkrankung erworbene Fähigkeiten verlieren
00:09:33: und dann in einen schwerstmehrfach behinderten oder
00:09:37: hochpflegebedürftigen Situationen kommen und in die palliative Versorgung.
00:09:42: Begleiten Sie nur aussichtslose Fälle, wo das Ende absehbar ist
00:09:46: oder begleiten Sie auch Therapien, in denen es Hoffnung gibt,
00:09:49: vielleicht sogar auf vollständige Heilung?
00:09:51: Also wir begleiten alle Familien, bei denen die Kinder lebensbedrohlich
00:09:57: oder lebensverkürzend erkrankt sind.
00:09:59: Wenn es zum Beispiel bei einer onkologischen Erkrankung
00:10:03: das große Glück gibt, dass es wieder alle Erwartungen
00:10:06: oder das, was man annehmen musste, doch zu einer Heilung kommt,
00:10:09: dann freuen wir uns unendlich mit der Familie.
00:10:12: Das haben wir aber, ich glaube, zweimal erlebt.
00:10:15: Also das ist sehr selten.
00:10:17: Tatsächlich ist die erste Frage,
00:10:19: ist das eine palliative Versorgungssituation,
00:10:21: also ist das eine palliative Erkrankung?
00:10:23: Palliativ, ganz doof, heißt ich behandle eigentlich
00:10:27: nicht mehr die Krankheit, sondern versuche das Leben so angenehm
00:10:30: wie möglich zu gestalten noch.
00:10:32: Palliativ heißt, alles zu tun für die Lebensqualität
00:10:37: im medizinischen, im pflegerischen, im psychosozialen
00:10:41: und im spirituellen Sinne auch.
00:10:43: Also wenn sie palliativ versorgen als Definition lesen,
00:10:46: dann geht es um die kompletten, also um alle Dimensionen
00:10:49: des menschlichen Seins, um ein ganzheitliches Begleiten.
00:10:52: Aber das steht nicht, das kurative Heilung der Medizin im Vordergrund,
00:10:56: das ist der Unterschied.
00:11:05: Wir haben ja, das haben Sie gerade schon angesprochen,
00:11:07: ja alle ein Bild von der Familie im Kopf.
00:11:09: Und wir gründen ja auch alle so eine Familie
00:11:11: mit einer Idealvorstellung, wie wir uns das mal vorstellen.
00:11:14: Und so eine Diagnose scheint ja dann alles zerstören zu können.
00:11:19: Wie sehen die ersten Stunden und Tage aus nach so einer Diagnose?
00:11:23: Das ist ja ein Zeitraum, da suche ich mir vielleicht noch nicht
00:11:26: Direkthilfe.
00:11:27: Oder kommen die Menschen dann doch in großem Tatendrang zu Ihnen,
00:11:30: weil sie irgendwas Sinnvolles tun müssen?
00:11:32: Das ist sehr unterschiedlich, das hängt davon ab,
00:11:35: steht zum Beispiel die Diagnose am Ende einer langen Suche nach.
00:11:41: Oder kommt die plötzlich aus heiterem Himmel, auch das gibt es ja.
00:11:45: Also es hängt ganz viel von Kontexten ab, es hängt ganz viel davon ab,
00:11:49: wann werden Familien auf mögliche Begleitungen und Unterstützung
00:11:55: aufmerksam gemacht.
00:11:56: Ein ganz wichtiges Thema ist glaube ich auch,
00:11:59: dass natürlich Eltern in der Situation als erstes mal denken,
00:12:03: und jetzt bin ich für mein Kind da,
00:12:05: und ich muss das, was jetzt dran ist, auch alles leisten.
00:12:07: Also die Idee, dass jemand anders in die Versorgung meines Kindes
00:12:11: einsteigen könnte, wie zum Beispiel ein Pflegedienst
00:12:13: oder oft auch ehrenamtliche Unterstützung, das braucht Zeit.
00:12:18: Weil ich glaube, das kann sich jeder von uns vorstellen.
00:12:21: Die Nachricht, mein Kind ist lebensverkürzend krank
00:12:24: und wir wissen nicht, wie viel Zeit wir noch miteinander haben.
00:12:27: Dann will ich jede Minute dieser Zeit mit meinem Kind verbringen.
00:12:30: Und über längere Zeiträume kommt man möglicherweise in das Denken,
00:12:35: dass ich mir meine Kraft aber auch einteilen muss.
00:12:37: Und dass das Leben auch ein Stück Normalität zurückkriegen muss,
00:12:41: wie dann ganz anders ist natürlich.
00:12:43: Dass ich fast auch in so einer Situation eigentlich zuerst an mich denken muss.
00:12:48: Ja, ich weiß, was Sie meinen.
00:12:50: Was ich selbst achten, um auf andere Arten zu können.
00:12:52: Genau. Also das Thema ist oft dann in Gesprächen mit Eltern.
00:12:55: Es hilft Ihrem Kind nicht, wenn Sie irgendwann nicht mehr können.
00:12:59: Ja, klar. Genau.
00:13:00: Also so eine Balance zu finden von "Natürlich bin ich für mein Kind da,
00:13:04: aber ich muss auch selbst für Sorge betreiben, damit ich das kann".
00:13:08: Sie helfen dann auch über den Tod hinaus, habe ich gelesen,
00:13:12: diesen Familien. Wann gehen Sie wieder?
00:13:14: Sprechen Eltern das aus und sagen "Frau Bünk,
00:13:17: unsere Reise ist, glaube ich, zu Ende.
00:13:19: Im besten Fall, wir benötigen Sie nicht mehr?"
00:13:21: Das auch, das kann auch sein, aber eigentlich ist das so ein Prozess,
00:13:27: das sich verabschieden, was aber Eltern immer wieder mal sagen,
00:13:32: wenn ein Kind verstorben ist, jetzt verlieren wir sie alle auch.
00:13:35: Weil über lange Zeiträume der Begleitung natürlich sich auch die Welt der Familien,
00:13:40: sage ich jetzt mal, verändert.
00:13:42: Das Leben dreht sich ja mehr um die neue Lebenssituation mit dem kranken Kind,
00:13:47: um die Bedürfnisse und die Erfordernisse in der Versorgung des kranken Kindes,
00:13:51: um das Leben mit dem kranken Kind. Darum dreht sich Familie ja auch.
00:13:55: Und da gehören bestimmte Unterstützer dann dazu.
00:13:59: Das heißt, man holt sich Helfer dazu.
00:14:02: Und das wird schon so ein sehr intensiver gemeinsamer Weg.
00:14:06: Und wenn dann das Kind verstorben ist, gibt es schon auch bei Eltern den Gedanken,
00:14:10: "Ups, jetzt sind die auch alle weg".
00:14:12: Zwei Abschiede.
00:14:13: Zwei Abschiede.
00:14:14: Und natürlich gehen wir dann nicht einfach,
00:14:16: sondern was wir immer als erstes mal anbieten, ist nachgehende Gespräche.
00:14:22: So bei uns gibt es vom Prinzip her immer die Idee von festen Ansprechpartnern für die Familie.
00:14:28: Das gilt für alle Berufe, mit denen wir hier unterwegs sind, also Sozialarbeit und auch Pflege.
00:14:34: Und auch im Ehrenamt natürlich, Ehrenamtliche.
00:14:38: Und die bleiben auch erstmal in Kontakt.
00:14:40: Und wenn sich dann in den Gesprächen zeigt, die Eltern möchten gerne eine Trauerbegleitung
00:14:47: über einen längeren Zeitraum oder für die nächste Zeit,
00:14:51: dann kommt auch unsere Kollegin ins Boot, die als Trauerbegleitung hier im Kinderpaliativ-Netzwerk arbeitet.
00:14:58: Und dann machen wir eine Überleitung. Das ist dann auch in der Regel klug.
00:15:09: Die Raumberufe von Kindern sind ja Tierarzt, Upschrauber, Pilotin, Bauarbeiter.
00:15:15: Kaum jemand startet ja mit dem Wunsch, sich um Familien kümmern zu wollen, die sich von einem Kind verabschieden müssen.
00:15:21: Also ergründen wir mal ihren Weg, Frau Pöng.
00:15:24: Meinen Weg.
00:15:25: Ihren Weg.
00:15:26: Sozialpädagogin, sind Sie von Hause aus?
00:15:29: Wie ging es dann weiter?
00:15:30: Also ich bin gestartet in einer Förderkindergarten, Sonderförderkindergarten.
00:15:36: Das heißt, ich habe immer schon zwei Schwerpunkte in meiner Berufssättigkeit gehabt.
00:15:41: Das waren einmal, ich sage mal, Kinder mit Handicaps, mit Handicaps in ihrer Entwicklung,
00:15:48: mit Handicaps aufgrund von Behinderungen oder aufgrund von Lebensgeschichten.
00:15:53: Also Förderkindergarten war das erste.
00:15:56: Ich bin dann irgendwann in die Beratung gegangen, habe im Adoptions- und Pflegekinderdienst gearbeitet
00:16:02: und bin dann gewechselt in dieser Arbeit, als ich gehört habe, im Verband tut sich was in diese Richtung.
00:16:08: So, und einfach loslegen, weil ich gut mit Menschen oder mit Kindern kann, das geht ja nicht.
00:16:13: Was ist palliativ-kehr Weiterbildung? Die ist verpflichtend bei Ihnen, ne?
00:16:18: Genau, ja, diese palliativ-kehr Weiterbildung ist verpflichtend aus gutem Grunde.
00:16:22: Das ist eine multiprofessionelle Weiterbildung in dem pflegende Ärzte, Ärztinnen und Sozialarbeiter, Sozialarbeiterin
00:16:29: oder die Menschen aus den psychosozialen Berufen zusammen diese Weiterbildungen machen,
00:16:35: weil es ganz viel um multiprofessionalität geht in der palliativ-Versorgung
00:16:40: und dann gibt es eben die Schwerpunkte in der Weiterbildung.
00:16:43: Was sind das für Themen, die da wichtig sind, mit denen man sich auseinandersetzen muss?
00:16:49: Da geht es auch natürlich um persönliche auseinandersetzung, eigene Trauer, eigenes Trauer erleben,
00:16:55: aber eben auch um das medizinische Know-how, was ist pflegorisch in der palliativ-Pflege wichtig?
00:17:01: Klar, Sie ziehen ja vielleicht auch wirklich Menschen an, die wiederum Ihre Trauerarbeit mit so etwas vielleicht aufarbeiten wollen.
00:17:08: Das kann ja auch nicht immer gesund sein.
00:17:10: Das heißt, man sollte zumindest nicht dessen bewusst sein, warum man, was die Motivation ist.
00:17:14: Ja, man soll sich sehr bewusst sein, welche Motivation man hat
00:17:17: und auch sicherlich einmal hingeguckt haben, was sind meine eigenen Geschichten,
00:17:22: weil keiner Familie in der Begleitung ist geholfen, wenn wir damit unseren eigenen Themen stehen
00:17:27: und in Tränen ausbrechen, die aber nicht der Familie gehören.
00:17:30: Weil irgendwas getriggert wurde.
00:17:32: Genau, also das sollte nicht sein.
00:17:35: Wie in jedem Psychologie-Studium beispielsweise, oder Psychiatern auch.
00:17:39: Das ist einfach auch Handwerkszeuganstück natürlich,
00:17:42: aber ein besonderes Thema, so wie man sich in anderen Themen auch besonders damit befassen muss.
00:17:48: Es ist schön, dass Sie jetzt die verschiedenen Berufsgruppen mal aufgezählt haben,
00:17:51: die ja alle dann auch Teil des Netzwerks sind.
00:17:53: Sie sagen, die arbeiten gemeinsam auch in dieser gemeinsamen Weiterbildung, um...
00:17:58: in einem speziellen, in ihrem Bereich universell sich weiterzubilden, aber sie brauchen diese
00:18:02: einzelnen Experten auf ihrem Gebiet weiterhin. Es gibt nicht den universellen Begleiter, den
00:18:07: sie sozusagen ausbilden und eigentlich nur benötigen.
00:18:09: Nein, den gibt es nicht und das ist auch gut so. Also der Netzwerkedanke oder das multiprofessionelle
00:18:15: leben wir hier auf zwei Ebenen. Zum einen sind wir im Kinderpaliativ-Netzwerk sehr breit
00:18:19: aufgestellt und haben alle Professionen vertreten. Das heißt, wir haben im Kinderpaliativ-Team
00:18:25: die Paliativmediziner und Medizinerinnen. Wir haben Pflegefachkräfte der Paliativ-Versorgung.
00:18:32: Wir haben einen starken Schwerpunkt sozialarbeiterischer Begleitung und das ist sehr, sehr wichtig in
00:18:39: dieser Zusammenarbeit. Also ich sage immer ein bisschen, wenn jeder das macht, was er kann
00:18:45: und darauf vertraut, dass der andere das macht, was er kann, dann wird es eine gute, vernetzte
00:18:50: Hilfe aus einer Hand, wenn wir auch noch miteinander sprechen.
00:18:53: Das eine ist, dass wir hier im Kinderpaliativ-Netzwerk multiprofessionell zusammenarbeiten und das
00:19:00: auch so leben, dass zum Beispiel ich sagen kann, das ist ein pflegere System, ich hole
00:19:06: die Kolleginnen dazu und die Kollegen sagen können, da gibt es so viele Themen, jetzt
00:19:11: seid ihr gefragt und so muss das funktionieren. Und wir sind aber auch nur ein kleiner Baustein.
00:19:16: Die palliative Unterstützung zu Hause oder die Unterstützung in der Paliativ-Versorgung
00:19:20: zu Hause kann nur funktionieren, wenn auch Partner wie ambulante Pflegedienste mit dabei
00:19:25: sind, die behandelnden Ärzte aus der Allgemeinversorgung mit im Boot sind, das heißt die niedergelassenen
00:19:30: Kinderärzte, die Ehrenamtlichen, all das, was sonst noch so da ist, das kann nur für
00:19:37: die Familie funktionieren, wenn es am Ende alle zusammen machen und es muss am besten
00:19:43: auch noch ein bisschen gebündelt sein. Weil wenn man sich das vorstellt, in der Regel haben
00:19:47: die Familien so zweihandvoll Menschen um sie rum, die sie in irgendeiner Form aufgrund
00:19:53: der Erkrankung des Kindes kennen und die ihnen Unterstützung anbieten oder die sie
00:19:58: auch brauchen. Wenn das unvernetzt, unverknüpft passiert, wird das furchtbar anstrengend für
00:20:04: die Familien. Dann gibt es vielleicht auch viele Ratschläge in den unterschiedlichen
00:20:08: Richtungen gehen. Und das ist der Zauber der Vernetzung, dass man sich an einen Tisch
00:20:13: setzt und überlegt, worum geht es hier eigentlich? Was ist das Thema der Familie oder was wünscht
00:20:18: die Familie von uns und was können wir davon wie so gut wie möglich anbieten und leisten?
00:20:24: Gibt es nicht auch Menschen, um sie herum zu sagen, dass was sie jetzt hier machen,
00:20:27: das könnte ich nicht? Das gibt es natürlich, aber ich kann andere
00:20:30: Sachen nicht. Was können sie denn nicht? Ich kann nicht beim Zahnarzt könnte ich zum Beispiel
00:20:34: überhaupt nicht arbeiten. Das ging gar nicht.
00:20:40: In einem ersten Reflex dachte ich bei unserem Thema an kranke Kinder, klar und an trauernde
00:20:46: Eltern. Ich habe da glaube ich eine riesige Gruppe übersehen, über die ich gerne sprechen
00:20:51: möchte. Sie ahnen es? Ja, ich nehme an Sie meine Geschwister.
00:20:55: Die Geschwister? Es gibt ja klar einfach mal Menschen, die man vielleicht sogar insgesamt
00:21:00: auch in den Familien schnell übersehen kann, wenn erst mal eine kranke Schwester, ein kranker
00:21:03: Boote dazu kommt. Ja, also sicher ist das erstmal so, dass man das kranke Kind im Blick hat und
00:21:09: das hat ja auch oft einen hohen Bedarf. Es braucht viel Zeit, es braucht viel Aufmerksamkeit.
00:21:16: Das hat ganz eigene Themen und natürlich ist auch der Blick der Eltern darauf sehr
00:21:21: gerichtet und die Geschwisterkinder haben ihre eigenen Themen damit. Auch die erleben
00:21:28: Ängste, Sorgen, Trauer, haben aber auch ihre Kontexte und es ist die Frage, wie gehen
00:21:35: Dinge für die Geschwisterkinder weiter? Manchmal sind es ganz banale Fragen, wie kann das
00:21:40: gelingen, dass ein Kind weiter zum Fußballtraining geht? So, das sind ganz einfache Sachen manchmal.
00:21:45: Wenn ich merke, ich darf nicht mehr zum Fußballtraining, weil meine Schwester so krank ist, dann haben
00:21:51: Sie ja nicht nur mit Angst und Trauer, dann haben Sie sicherlich doch auch mal mit Wut
00:21:54: zu tun. Vielleicht auch mit Eiversuchen? Ja, ich glaube, also die Erfahrung zeigt, dass
00:21:58: es viele mögliche Reaktionen für Kinder geben kann. Von, ich bin lieber still und
00:22:04: ruhig, weil ich merke, es gibt ganz viel Sorge und ich bin jetzt nicht so wichtig, ich bin
00:22:10: jetzt nicht dran, ich halte mich jetzt eher zurück. Also die Kinder, die eher ein bisschen
00:22:14: zurückgezogen oder sehr zurückgezogen dann sind, wo man auch achtsam sein muss, weil
00:22:18: das fällt einem in der Regel nicht so schnell auf wie ein Kind, was richtig auf dem Tisch
00:22:23: haut und guckt, dass es noch was abkriegt. So, auch das ist natürlich eine Reaktion
00:22:28: zu sagen, ich mache was, ich bin laut, ich bin präsent, damit ich gesehen werde. Da
00:22:36: sind ja keine bewussten Prozesse, sondern da sind Strategien für Kinder in der Situation
00:22:41: klarzukommen, ihre Emotionen auszudrücken, Verzweiflung auszudrücken, Hilflosigkeit auszudrücken
00:22:47: und einen Platz zu finden einfach auch. Auch für Erwachsene, glaube ich. Absolut.
00:22:51: Das ändert sich nie. Das ändert sich nie und man muss sich vorstellen, die Plätze ändern
00:22:55: sich aber für alle. Wenn ein Kind in einer Familie krank wird oder wenn ein Mensch in
00:23:01: einer Familie krank wird, dann muss sich alles neu zurechtdrücken, weil sich die Plätze
00:23:05: ändern, es ist nichts mehr normal. Wie können Sie den Geschwistern helfen? Nehmen Sie die
00:23:09: auch mal raus, also kümmert sich Ihr Netzwerk auch um eine gute Zeit für einen gesunden
00:23:14: Bruder, eine gesunde Schwester? Auf jeden Fall. Die Geschwisterkinder sind sicherlich
00:23:19: ganz besonders im Fokus der ambulanten Kinderauspiezarbeit und der Begleitung durch die Ehrenamtlichen,
00:23:25: da wo Ehrenamtliche in Familien gehen, ist es oft, dass sie ein Angebot an die Geschwisterkinder
00:23:30: machen, sehr, sehr zuverlässig in der Regel einmal die Woche, ich sage immer, exklusive
00:23:36: Zeit zu schenken. Also das sind Zeitschenker. Und das kann Gesprächspartner sein, das kann
00:23:41: Spielpartner sein, das hat eine große Bedeutung für die Kinder. Das ist eines der Angebote.
00:23:47: Dann gibt es immer auch Angebote wie Geschwistergruppe. Jetzt im Moment sind wir gerade neu gestartet
00:23:53: in diesen Zeiten mit digitalen Angeboten für Geschwister noch mal in unterschiedlichen
00:23:59: Altersgruppen. Und das muss eine Mischung haben aus, man macht mal was Schönes miteinander,
00:24:07: weil das vielleicht im Lebensalltag der Familien nicht mehr so möglich ist gerade, aber auch
00:24:12: ein Raum zu bieten für, was beschäftigt dich eigentlich in deiner Situation, wo dein Geschwister
00:24:19: krank ist und wo ihr vielleicht in der Familie darüber redet, dass das sterben wird.
00:24:24: Und auf Paare achten sie auch?
00:24:29: Auf jeden Fall. Also das ist eigentlich das Wichtige in unserer Arbeit, dass die ganze
00:24:34: Familie im Blick ist. Die Krankheitsverläufe bei lebensverkürzenden Erkrankungen von Kindern
00:24:39: können über viele Jahre gehen oder über mehrere Jahre gehen und das ist natürlich
00:24:43: eine maximale Herausforderung und auch Belastung, die ein in jeglicher Hinsicht an die Grenzen
00:24:49: bringen kann. Einfach aufgrund der ständigen Auseinandersetzung mit der Krankheit und dem
00:24:55: nicht abzuwendenden, irgendwann Todeskindes und dann natürlich auch die faktische Belastung
00:25:02: in der Versorgung. Oft können nicht mehr bei der Elternberufstätig sein, sondern es
00:25:09: ist die Frage, wer ist denn hauptsächlich für das Kind da? Das verändert ja ganz
00:25:13: viel in der Familie, manchmal auch finanziell. Da hängt unendlich viel dran. Wer übernimmt
00:25:18: welchen Paar? Wer sorgt für wen? Also wer macht die faktische Versorgung? Wie ist
00:25:27: das Geschwisterkind im Blick? Und wie bleiben die überhaupt noch Paar, wenn die eigentlich
00:25:31: gar nicht mehr zusammen weggehen können? Also wie bleibt man noch Paar? Also was ich
00:25:37: sagen kann, ist, dass Familien und Eltern unglaubliche Ressourcen entwickeln, von denen
00:25:41: sie selber sagen, hätte mir das vorher einer erzählt, ich hätte gesagt, ich kann das nicht.
00:25:47: Die Paare wachsen ja auch miteinander. Aber es sind Situationen, die kann man sich vorher
00:25:52: gar nicht vorstellen, dass man die leben kann. Ach, vielleicht sollte man das auch gar nicht.
00:25:56: Das denke ich auch. Sie stehen mir ja rechtzeitig zur Seite. Wenn sie das möchten, tun wir das.
00:26:02: Ich habe eine bestimmte Frage noch nie jemandem gestellt. Ich kriege sie häufig selbst gestellt,
00:26:21: nämlich wie kriegst du diese schrecklichen Bilder bei uns, WDR Newsroom. Wir sehen ja
00:26:25: alles netto, genauso wie es die Kamerateams aus der ganzen Welt anliefern. Wie lässt
00:26:30: du das im Sender? Und das schaffe ich. Genauso wie Kinderärztinnen, die in der Praxis arbeiten
00:26:37: oder in der Klinik arbeiten. Auch die Dinge, wenn sie den Kittel ausziehen in der Klinik
00:26:41: lassen. Aber sie sind ja noch viel näher dran. Sie sind ja bei den Menschen zu Hause. Wie
00:26:45: können sie da diese Trennscheibe ziehen? Oder geht das gar nicht?
00:26:51: Keine einfache Frage bzw. keine einfache Antwort. Wenn ich jetzt ganz fachlich antworten würde,
00:26:58: die sagen, dass es unsere Professionalität fordert, dann müssen wir mit umgehen können.
00:27:03: Aber so einfach ist das natürlich nicht. Natürlich können wir das nicht immer alles
00:27:08: abschütteln und das wäre auch schlimm, wenn wir es könnten. Ich glaube, das hat viele
00:27:14: Ebenen. Und die erste und alltagswichtigste Ebene ist, dass wir ein Team sind und dass
00:27:18: wir uns im Team gegenseitig tragen und ganz viel füreinander auch im Team sorgen. Es ist
00:27:24: unablässlich und das merken wir gerade in diesen Corona-Zeiten, dass wir die Möglichkeit
00:27:29: haben, uns austauschen mit dem, was wir hören, was wir erleben, was wir sehen und auch Dinge
00:27:38: besprechen können. Und dann kann das schlicht sein, dass man in die Dienststelle zurück
00:27:41: kommt und sagt, kannst du mal eben hören, hast du Zeit und man sich mit dem Kaffee
00:27:46: hinsetzt und sich erst mal austauscht. Das ist die Psychohygiene, die wir, glaube ich,
00:27:50: alle dringend brauchen und auf die wir auch nicht verzichten können, dass ein funktionierendes
00:27:54: Team da ist, was diese Arbeit gemeinsam leistet.
00:27:57: Okay, dann haben Sie sich sozusagen selbst gereinigt. Wo kriegen Sie dann die Energie
00:28:02: wiederher, die Sie ja zusätzlich brauchen für den nächsten Fall, die nächste Familie,
00:28:07: den nächsten Besuch? Also wo laden Sie, wo kriegen Sie aus diesem Job was zurück? Sie
00:28:11: machen es ja sicher nicht nur fürs Geld.
00:28:13: Nein, sicher nicht. Wenn ich so dicht dabei war, wenn ich so dicht Dinge erlebe, dann
00:28:19: ist für mich etwas sehr wichtig ist, dass ich sagen kann, wir haben Familien so begleitet,
00:28:25: wir waren so an der Seite, dass die Familien am Ende sagen können, das war hilfreich und
00:28:31: hilft uns auch weiter zu gehen. Nicht zu stolpern über das, was man nicht getan hat,
00:28:37: nicht sagen zu müssen, hätte ich mal, nicht hadern zu müssen. Wir können nicht gut machen,
00:28:42: dass Kinder sterben. Wir können Hilfestellung bieten, einen Weg damit zu finden, der einen
00:28:49: weiterleben lässt. Es ist das Gefühl, so wie es war, war es gut und das Gut meint nicht
00:28:57: gut im Sinne von eine Sache ist gut, aber so wie es war, war es gut unterstützt. Also
00:29:04: das bringt eine gewisse Zufriedenheit, Stimmigkeit, die Sinnhaftigkeit, die wir daraus ziehen.
00:29:13: Dankeschön.
00:29:15: So, besonderes Jahr 2021, ich habe für Sie nachgerechnet, Sie hätten es fast vergessen,
00:29:28: Sie werden 15 Jahre alt.
00:29:30: Ja, wir hätten es tatsächlich fast vergessen, eine Kollegin aus dem Team hat irgendwann
00:29:34: gesagt, wir werden noch eigentlich 15 dieses Jahr und wir so, ups ja.
00:29:37: Ja, können Sie das feiern?
00:29:39: Wahrscheinlich eher klein. Wir überlegen gerade noch, was wir machen wollen, irgendwas werden
00:29:46: wir sicherlich noch tun, aber erst dann wieder, wenn wir uns begegnen können.
00:29:50: Haben Sie schon getan, das gab es zum zehnjährigen, diesen Familienzirkus?
00:29:54: Ja, wir haben zum zehnjährigen so einen klassischen Mitmachtzirkus gemacht. Das war sehr
00:30:00: aufregend, wir wussten nicht, ob das funktioniert mit den Familien, mit den Krankenkindern,
00:30:04: ob die überhaupt kommen könnten, eine Woche, jeden Tag.
00:30:08: Das ganze Woche lang.
00:30:09: Das war eine ganze Woche mit einem riesen Abschluss, zwei Vorstellungen mit 300 Gästen.
00:30:14: Das war unbeschreiblich, wenn Sie jemanden hier im Team fragen, der dabei war oder überhaupt
00:30:19: jemanden, der dabei war, da kriegen alle Strahlen in den Augen.
00:30:22: Das war ein unbeschreibliches Erlebnis von Gemeinschaft, von Integration.
00:30:29: Es waren die Krankenkinder dabei, es waren die Geschwisterkinder dabei, es waren die
00:30:32: Eltern dabei, die Ehrenamtlichen des ambulanten Kindhauspeazes und auch wir Hauptamtlichen.
00:30:37: Das heißt, wir haben alle miteinander eine Woche richtig gefeiert, muss man letztlich
00:30:42: sagen.
00:30:43: Können Sie sich noch an einzelne Begegnungen im Moment erinnern?
00:30:45: Ja, absolut.
00:30:46: Also es gibt so zwei für mich zwei so ganz einschneidende oder ganz besondere Erlebnisse.
00:30:53: Das erste war so, dass wir das erste Mal in einem noch relativ kleinen Kreis in der
00:30:57: Manege saßen und so ein bisschen ausprobieren sollten, Tücher, John Lage und eine Mutter,
00:31:04: deren Kind gerade vor wenigen Tagen erst verstorben war, stand auf mit der Ehrenamtlichen,
00:31:09: den der Familie aktiv gewesen war oder aktiv war und die beiden standen lachend in der
00:31:14: Manege und janglierten Tücher und ich habe gedacht, dafür hat sich es schon gelohnt.
00:31:19: Und ein zweiter oder eigentlich noch zwei Sachen, eine Situation, dass zwei Geschwisterbrüder
00:31:27: in der Zaubergruppe waren und auch mit Tüchern gezaubert haben und die Schwestkranke, ein
00:31:34: Schwester war mit in der Manege und die haben ihr Tücher aus dem Ohr gezaubert, das war
00:31:39: Gänsehautmoment überhaupt.
00:31:41: Und auch eine Aussage einer Mutter geht mir da mal sehr durchs Herz, die gesagt hat, ich
00:31:46: bin so froh, dass ich hier so eine tolle exklusive Zeit mit meiner gesunden Tochter verbringen
00:31:51: kann, die haben wir sonst nicht.
00:31:53: Weil das ist auch ein Fokus, wenn wir auf die Geschwister schauen, Eltern zu ermöglichen
00:31:58: mit den Geschwistern eine exklusive Zeit zu haben.
00:32:02: Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie da ein schönes Modul, wenn Sie jetzt nicht zum 15.
00:32:07: Dann halt umso größer zum 16.
00:32:08: Finden.
00:32:09: Wenn wir machen zum 20.
00:32:10: So, ganz heimlich träumen wir davon zum 20.
00:32:13: noch mal ein Zirkus zu machen.
00:32:14: Sie können mir auch Tücher aus dem Ohr zaubern.
00:32:17: Ich bin dabei.
00:32:18: Sie werden.
00:32:19: Sehr gerne.
00:32:20: Sehr, sehr gerne.
00:32:21: Herzlichen Dank.
00:32:22: Zu Hause in Essen, ein Podcast der Sparkasse Essen.
00:32:29: Wir sprechen über das, was Essen heute stark macht, in Zukunft stärker macht.
00:32:34: Dazu gehört Ihr Netzwerk.
00:32:35: Was brauchen Sie für die Zukunft vielleicht in ein paar Jahren?
00:32:39: Sie sagten schon, Sie haben eine Vision.
00:32:41: Was brauchen Sie, um gut arbeiten zu können?
00:32:42: Was wir wirklich noch brauchen, was fehlt in der Arbeit, ist eine Etablierung, auch
00:32:48: der Finanzierung der Sozialarbeit.
00:32:50: Wir haben hier in Essen, und das macht den Standort Essen in der Kinderpalettiefersorgung
00:32:54: auch besonders, von Anfang an ein sehr starkes Schwerpunktangebot sozialarbeiterischer Begleitung
00:33:01: für die Familien gehabt.
00:33:02: Dass das erforderlich ist, ist völlig unstrittig, auch fachlich völlig unstrittig, aber es
00:33:10: ist leider noch nicht in der Regel Finanzierung.
00:33:12: Das ist so ein großes Ziel.
00:33:14: Im Moment ist das abhängig von Spenden, im großen Teil noch abhängig von Spenden.
00:33:18: Und das muss ich einfach noch verändern, um so ein ganzheitliches Angebot für Familien
00:33:23: wirklich langfristig gesichert zu haben.
00:33:26: Ich habe eine Erkenntnis aus diesem Gespräch.
00:33:30: Sie kümmern sich gar nicht um den Tod.
00:33:33: Sie begleiten gar nicht das Sterben.
00:33:35: Eigentlich geht es bei Ihnen ums Leben, um positive Momente im Hier und Jetzt.
00:33:39: Das stimmt ganz sicher.
00:33:41: Das geht um positive Momente im Hier und Jetzt.
00:33:43: Es geht um Stärkungen der Familien oder um ein Angebot, sie zu begleiten und zu stärken,
00:33:49: dass sie diese Zeit bestmöglichst leben können.
00:33:52: Aber wir sind natürlich auch in der Sterbebegleitung an der Seite der Familien.
00:33:55: Aber das ist auch Leben.
00:33:56: Auch Sterbebegleitung ist Leben, auch Sterben.
00:33:59: Also mir ist das immer ein bisschen zu einfach zu sagen, auch Sterben gehört zum Leben.
00:34:05: Wenn man viel damit zu tun hat, ist mir das zu einfach gesagt.
00:34:11: Aber natürlich ist auch Sterbebegleitung Lebensbegleitung.
00:34:15: Wann war ein Tag in Ihrer Arbeit?
00:34:19: Ein guter Tag.
00:34:20: Wenn ich weiß, wofür ich das, was ich getan habe, getan habe, nämlich die Verbindung
00:34:30: zu den Familien habe, wenn mir klar ist, das, was ich tue, davon profitieren Familien,
00:34:38: wenn sie es wollen.
00:34:39: Vielen Dank für Ihre Zeit.
00:34:42: Sehr gerne, herzlichen Dank.
00:34:44: Ein intensives Gespräch zu einem intensiven Thema, toll, dass Sie dran geblieben sind.
00:34:49: Wir haben lange überlegt, was wir dem KPN, dem Kinder-Paliativ-Netzwerk Gutes tun können.
00:34:55: Und wir wissen das jetzt.
00:34:56: Gehen Sie auf gutfüressen.de, gut-für-essen.de.
00:35:03: Wenn Sie dort nach KPN Kinder-Paliativ-Netzwerk suchen, dann finden Sie sofort ein Projekt,
00:35:07: das Sie unterstützen können mit Ihrer Spende.
00:35:10: Und wenn Sie am Freitag spenden, an meinem Geburtstag, am 14.
00:35:15: Mai, dann verdoppelt die Sparkasseessen Ihre Spende sogar, bis das Budget von 50.000
00:35:22: Euro aufgebraucht ist.
00:35:23: Die Bedingungen finden Sie dort genau beschrieben.
00:35:25: Also, helfen Sie Familien in einer schweren Situation gut-für-essen.de.
00:35:32: Dankeschön im Namen der Sparkasseessen.
00:35:34: Und ich freue mich auf Sie zur nächsten Folge im Juni.
00:35:37: Bis dahin einen sonnigen Frühlingsstart hier in unserer schönen Stadt.
00:35:42: Das war Zu Hause in Essen, ein Podcast der Sparkasseessen.
00:35:48: [Musik]
00:35:54: [Musik]
Markus Thomzik
‧Ein Nichtbetroffener
‧