Folge 8 - Museum Folkwang - Prof. Peter Gorschlüter

Shownotes

Unser achter Gast ist der achte Direktor des Museum Folkwang - gewählt für acht Jahre - im Jahr 2018. Also ObACHT. Als Direktor eines der bedeutendsten Museen weltweit hat er große Pläne, wie wir die Sammlung künftig erleben - mit Tanz, Video, Theater, Mode und mehr. Die Pandemie machte das Museum digital wie nie; jetzt liegt der Fokus auf dem Jubiläum im kommenden Jahr: 100 Jahre Museum Folkwang. Wie fühlt es sich an "Nachts im Museum", wie den Mainzer ein 6-jähriger Junge in Essen begrüßte und warum es vielen schwerfällt, das Foyer wieder zu verlassen...?

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00:00:00: Als ich hier ankam in den ersten Wochen war so ein kleiner Junge neben mir, vielleicht so sechs, sieben Jahre,

00:00:05: der lief dann neben mir weiter und schaute mich von der Seite an und sagte, wir kennen uns doch.

00:00:10: Man, ich, du, ich glaub nicht, ich bin ja ganz neu. Doch, doch, wir kennen uns.

00:00:15: Ich weiß nicht, vielleicht verwechselst du mich. Ach, macht nichts, jetzt kennen wir uns halt.

00:00:20: Ein bisschen wusste ich, worauf ich mich einlasse und dass die Leute so direkt sind und das in Kombination

00:00:26: sozusagen mit diesem wunderbaren Museum, mit dieser großartigen Sammlung, ist eigentlich ein Traum für Museumsmann.

00:00:31: Zu Hause in Essen, ein Podcast der Sparkasse Essen mit Tobias Häusler.

00:00:39: Wow, Episode 8. Wir sprechen schon seit acht Folgen über das, was Essen heute ausmacht und was es in Zukunft noch

00:00:47: viel stärker und besser machen wird, eben mit den Menschen, die die Zukunft gestalten.

00:00:52: Aus Wissenschaft, Politik, Sport, Wirtschaft, Kultur und vielen anderen aus allen Bereichen.

00:01:00: Heute ist ein Mann zu Gast, der eines der bedeutendsten Museen der ganzen Welt leitet, das Volkwangen Museum.

00:01:07: Zu Hause hier in unserer schönen Stadt. Er ist der achte Direktor des Museums.

00:01:11: Für acht Jahre im Amt, seit 2018 und wenn es überhaupt eine Pandemie geben musste,

00:01:18: dann ist es ganz gut, dass es am Anfang seiner Amtszeit passiert, denn dieser Mann hat große Pläne.

00:01:24: Er will das Museum neu denken. Auf eine Art und Weise, die eben noch mehr Menschen auf engeren Raum zusammenbringt.

00:01:31: Mit Tanz, mit Mode, mit Video. Komm wir gleich ausführlich zu.

00:01:35: Ich treffe mich mit Peter Gorschlüter. Negativ schnell getestet bei mir zu Hause im Studio.

00:01:42: Das bedeutet, dass ich nicht die große Kunst des Volkwangen Museums sehen konnte, aber ich ihm Bilder zeigen konnte, die er nicht für möglich gehalten hat.

00:01:51: Gleich mehr. Beginnen wir philosophisch. Ist das, was dort im Museum hängt?

00:01:56: Nicht eigentlich nur bemaltes Papier, wenn keine Besucherinnen und Besucher da sind, die drauf schauen?

00:02:02: Ja, im Museum ohne Menschen macht wenig Sinn.

00:02:05: Als wir das erste Mal nach 4,5 Monaten die Tore wieder öffnen konnten des Museums, haben wir eine solche Dankbarkeit gespürt bei den Museumsbesuchern.

00:02:14: Es war fast festlich, die Atmosphäre und von großem Dank, von großer Leichterung auch.

00:02:20: Das hat uns dann doch wieder ein bisschen Optimismus und Mut gegeben, das für viele Menschen eben die Kultur sehr viel bedeutet.

00:02:26: Zwischenzeitlich hatten wir aber schon mal Bedenken, wenn wir so gehört haben, wie die Politik die Kultur bewertet hat.

00:02:31: Gerade in der Zeit des ersten Lockdowns, wo wir dann teilweise mit anderen Freizeiteinrichtungen und Kosmetikstudios und Nagelstudios in einem Satz erwähnt wurden.

00:02:42: Ich wollte gerade fragen, was der meisten wehtet. Die Nagelstudios?

00:02:45: Das tat schon irgendwie weh. Es hat viele verletzt, also viele Kulturmännchen, Kulturschaffenden.

00:02:51: Es war vielleicht unbedacht und vielleicht ist auch ein wenig überinterpretiert worden von uns Kulturschaffenden.

00:02:57: Aber dennoch, wir denken eben, Kultur ist ein ganz wichtiger Faktor.

00:03:01: Und Karl-Einz Osthaus, unser Museumsgründer, hat mal gesagt, ohne die Mitwirkung der Kunst, sind die wichtigen Fragen des Lebens unlösbar.

00:03:08: Und das ist auch heute noch unsere Überzeugung.

00:03:10: Konnten Sie denn dieser Zeit etwas abgewinnen?

00:03:14: Sie haben Kunst, Sie haben Ideen, Sie haben Netzwerk, das konnten Sie jetzt kaum bedienen.

00:03:18: Sie konnten es nicht einsetzen. Gab es trotzdem was, was persönlich ist?

00:03:21: Wir haben eben durch digitale Angebote versucht, im Kontakt zu bleiben. Wir haben unsere Sammlung online gestellt mit über 80.000 Werken.

00:03:28: Wir haben eine eigene Podcast-Reihe erfunden, Radio Volkwank.

00:03:32: Wir haben viel über digitale und soziale Kanäle kommuniziert.

00:03:36: Da ist ganz viel entstanden und auch viele Rückmeldungen. Wir konnten in Kontakt bleiben, also wenn auch nicht vor Ort, aber doch im virtuellen.

00:03:44: Wie verbringen Sie denn gerade die Zeit? Haben Sie Homeoffice?

00:03:46: Im Mitarbeiterstadt rotieren wir im Homeoffice. Das schon, aber ich merke doch schon für mich, es ist durchaus wichtig, vor Ort zu sein, auch ansprechbar zu sein.

00:03:56: Irgendwie auch die Geschicke zu steuern, gerade in der Zeit, in der viele Mitarbeiter eben nicht vor Ort sind.

00:04:01: Insofern ist für mich kaum ein Unterschied im Alltag, außer dass ich vielleicht weniger häufig in den Räumen bin und im Direkt Besucherkontakt.

00:04:10: Sind Sie denn auch mal allein im Museum? Erinnerte mich so ein bisschen an den Film "Nachts im Museum", dass man sich vielleicht nochmal so ganz allein abends oder nachts vor Sonnenfangorch setzt und das vielleicht nochmal anders kribbelt?

00:04:22: Es kommt gelegentlich vor, aber sehr seltener. Allein wirklich allein im Museum bin ich nicht, weil wir haben 24 Stunden Sicherheit vor Ort und auch ich muss meinen Schlüssel abgeben, wenn ich das Museum verlasse.

00:04:33: Insofern nehme ich nicht den Schlüssel des Museums mit nach Hause und bin insofern immer auch in Begleitung. Aber es gibt natürlich schon die Momente, die man mal durch die Sammlungshäume geht, auch wenn das Museum zu hat und einfach nochmal eintaucht oder überlegt, was wir vielleicht verändern, was denn die zukünftigen Pläne, wie kann man mit der Sammlung nochmal anders umgehen in Zukunft.

00:04:54: Und das sind natürlich schon schöne Momente allein mit dem Werk.

00:04:59: [Musik]

00:05:08: Wir müssen über zwei wichtige Männer sprechen in diesem Podcast, einmal über Sie und über Karl Ernst Osthaus, der Kunstsammler der Gründer des Volkwang-Museums.

00:05:18: Zwischen seiner Geburt und ihrer liegen exakt 100 Jahre, ne?

00:05:22: Ja.

00:05:23: Das ist doch magisch.

00:05:25: Ja, weiß ich nicht. Also, ich möchte mich nicht in einem Atemzug mit ihm nennen. Er war ein großer Visionär und Denker, ein Museumsgründer und vielseitig interessiert und wollte ihm die Kultur in das westliche Industriegebiet bringen und wirklich Kunst und Leben vereinen.

00:05:39: Und das ist eine wunderbare, wunderbare geistige Erbschaft, die wir haben heute. Und das wollen wir für die Gegenwart und auch für die Zukunft ausbauen.

00:05:48: Ja, ich würde ihn gerne ein bisschen näher kennenlernen.

00:05:51: Er war einer der wichtigsten Kunstmähzähne des 20. Jahrhunderts. Es ging so los, dass er von seinen Großeltern viel Geld geerbt hatte. Er war jung.

00:06:00: Er war jung. Er wollte nicht unbedingt die Firma übernehmen. War eher Kunst interessiert, hat Kunstgeschichte studiert und hat sehr früh begonnen, eine eigene Sammlung aufzubauen.

00:06:11: Zuerst eine naturwissenschaftliche, hat sich aber dann sehr schnell auch für Kunsthandwerk und eben auch die bildende Kunst, die Gegenwartskunst seiner Zeit interessiert.

00:06:18: Und wenn wir da heute zurückblicken, also Ende des 19. Jahrhundert, Frühes 20. Jahrhundert, dann war eben Gegenwartskunst Polsisan, Vincent van Gogh, Renoir.

00:06:28: Und er hat es nicht dabei gelassen, das zu studieren, sondern hat viele dieser Künstler auch im Atelier besucht und dann eine erste Sammlleinschaft.

00:06:35: Wurde bei ihm geweckt und so hat er dann das erste Museum der Gegenwartskunst gegründet.

00:06:40: Das heißt, er hat auch den später richtig großen und teuren Malern, die Sachen dort abgekauft. Hat also im Grunde auch schon Talente entdeckt oder waren das damals schon große Namen?

00:06:51: Die waren durchaus bekannt, aber...

00:06:54: Das war um den 19. Jahrhundert, ne?

00:06:55: Ja, aber durchaus auch noch umstritten. Das war Avangarde damals.

00:06:59: Das breite Publikum hatte damit noch Berührungsängste. Und die hatte Karl-Heinz Osters nicht. Und er war aber auch nicht alleine.

00:07:07: Er hatte auch gute Berater, Henry Vandenfeld, der Architekt, der auch den Innenausbau des Museums gebaut hat und auch sein privates Wohnhaus, den Hohenhof, den Hagen.

00:07:15: Der hat ihn immer wieder auch verwiesen an spannende, künstler spannende Positionen der Zeit.

00:07:21: Und das hat dann Karl-Heinz Osters ausgebaut und da wirklich einen sehr modernen Begriff von Kunst propagiert.

00:07:28: Ja, Sie haben Hagen erwähnt. Da ging es los. In diesem Jahr hundertster Todestag und im nächsten Jahr erst 100 Jahre Volkwangmuseum in Essen.

00:07:38: Das heißt, die Sammlung wurde nach seinem Tod verkauft, ist richtig, und ist dann nach Essen gekommen. War das zu geplant oder zufall?

00:07:47: Er hat in seinem Vermechnis dargelegt, dass er gerne wollte, dass seine Sammlung zusammen bleibt und nicht in Einzelteilen verkauft wird.

00:07:54: Und nachdem er 1921 sehr früh leider verstorben ist.

00:07:57: Er hat keine 50 geworden, ne?

00:07:59: Ja, hat die Familie dann die Fühle ausgestreckt und es gab natürlich auch Interesse seitens der Stadt Hagen, die Sammlung zu erwerben.

00:08:08: Parallel hat sich dann aber in Essen ein Kreis gebildet von Unternehmen und industriellen Privaten mit Szenen.

00:08:16: Wir wollen diese Sammlung auch erwerben und sie nach Essen bringen. Letztendlich hat der Essenerkreis, der dann zum Volkwangmuseumverein wurde, mehr Geld angeboten.

00:08:26: Und somit ist dann auch die Sammlung nach Essen gekommen. Und hier 1922 fusioniert mit dem bereits existierenden städtischen Kunstmuseum der Stadt Essen.

00:08:34: Und mit der Sammlung sind dann auch die Namensrechte Museum Volkwang nach Essen gekommen.

00:08:39: Was bedeuten Volkwangen?

00:08:41: Volkwangen ist ein Begriff, der kommt aus der Edda, einem nordischen Sagen, Mythos, Epos.

00:08:46: Dort ist das die Halle des Volkes, der Siegesgöttin Freyja.

00:08:50: Also das hat Kallins Osthaus ganz bewusst gewählt, weil er das Museum sozusagen als ein Ort der Begegnung des Austausches, ein Ort, in dem Menschen zusammenkommen, nicht eben nur Kunst, sondern die Idee der Einheit des von Kunst und Leben.

00:09:04: Alles das steckt in diesem Begriff und das hat ihn dazu bewogen, sein Museum Volkwang zu nennen.

00:09:11: Dann muss doch wirklich eine wunderschöne Errungenschaft sein, dass die Alfred-Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung dann den freien Eintritt auch ermöglicht. Also wirklich die Kunst dem Volk gibt.

00:09:21: Ja, das schließt wirklich an unsere Gründungsidee an. Kultur für alle könnte man sie nennen.

00:09:26: Das war dann das Schlagwort in den 70er, 80er Jahren, aber das hat Kallins Osthaus alles voraus gedacht und auch eingefordert.

00:09:34: Und dass wir jetzt seit gut sechs Jahren freien Eintritt in die Sammlung haben und damit das einzige große deutsche Kunstmuseum ist, dass das anbietet, ist wunderbar, weil es genau im Geist unserer Tradition, unser Gründungsgedanken ist.

00:09:48: Erinnert heute in Essen noch irgendetwas an diese Anfangszeit in Hagen?

00:09:52: Ja, das gibt den sogenannten Minnebrunnen. Wenn Sie unser Museum besuchen, im sogenannten Altbau, der 1960 eröffnet wurde, steht dieser Brunnen von George Minne, dem belgischen Bildhauer.

00:10:03: Und der stand ursprünglich im Museum in Hagen und auch wenn Sie nach Hagen fahren, ins heutige Osthausmuseum, sehen Sie das gleiche Werk noch einmal und wundern sich vielleicht, wieso gibt es das jetzt zweimal?

00:10:15: Ja, von wo ist das Original? Aber sagen Sie das heute?

00:10:17: Ja, das Original steht tatsächlich in Essen und erst im Anschluss wurde dann nochmal eine Replik erstellt, die an dem ursprünglichen Aufstellungsort bis heute in Osthausmuseum Hagen zu sehen ist.

00:10:29: Ja, privat sind Sie ein Mysterium?

00:10:38: Ist das so.

00:10:39: Peter Gorschlüte, ja. Ich kriege hier immer so ein Briefing, da steht da wenigstens drin, wie verheiratet zwei Kinder wohnt in Essenkrei

00:10:46: und hier steht wirklich nur ein Strich bewusst oder hat sie einfach noch niemand gefragt?

00:10:50: Ich halte das jetzt nicht zurück, aber ich bin persönlich jetzt privat nicht in den sozialen Medien unterwegs und insofern teile ich da vielleicht weniger in den sozialen Medien als andere, aber ich bin durchaus auskunftsfreudig und es war schon fast richtig.

00:11:04: Frau und zwei Kinder habe ich nur, Essenkrei stimmt nicht, Essenmagerätenhöhe.

00:11:08: Inmagerätenhöhe, auf!

00:11:10: Auf der Höhe.

00:11:11: Ja, wunderschön, wunderschön, da muss man sich doch in so eine Liste eintragen und hoffen, dass man Glück hat.

00:11:16: Das trifft für fast alle Wohnungen dazu, aber es gibt einen Teil, der tatsächlich nicht in der Hand der Margarete-Kurbs-Stiftung ist, sondern private Wohnungsanbieter.

00:11:26: In diesem Hauptkreis oder ausmischen Aushalt?

00:11:29: Es gibt etwas an der, sozusagen, rechts von der Sommerburgstraße, wenn man von der Innenstadt hochfährt, also Richtung Hartzopf, also mit Sicht Richtung Hartzopf.

00:11:41: Jetzt wissen wir doch schon eine ganze Menge.

00:11:43: Jetzt haben wir sogar noch ihre Adresse.

00:11:45: Ja, da kommen wir jetzt aber zur Steuererklärung.

00:11:50: Ach nein, der Weg nach Essen.

00:11:53: Ja, also in Mainz geboren lese ich damals schon Kunst interessiertes Haus, oder haben Sie sich so ein bisschen an den Eltern vorbeie interessiert?

00:12:01: Ja, schon.

00:12:02: Also, interessanterweise, mein Opa war Bergmann, mein Vater Kultur-Ditzer nennt.

00:12:07: Insofern lief der Weg geradewegs auf Essen zu, weil man hier so beides verbinden kann, die Bergbau-Tradition und das Kultur.

00:12:13: Meine Mutter war ein Kultur-Affinistin, meine Großmutter war ein Musikerin, ein Konzertmusikerin, also als Kind war ich schon viel in Künstler-Thees und im Theater bedingt durch den Beruf meines Vaters.

00:12:24: Insofern ja doch, ich komme aus einem sehr kultur-affinem Elternhaus.

00:12:28: Das hilft sehr, ich glaube sogar noch über die Kunst hinaus auch mit diesen Charakteren umgeben zu sein.

00:12:34: Ja, also ich würde aber gar nicht sagen, dass die Komplizierte sind als andere, nicht unbedingt.

00:12:40: Also klar gibt es bestimmte Allüren manchmal, aber ich finde, dass in der bildenden Kunst weniger stark vertreten als zum Beispiel im Theater oder auch in der Opa.

00:12:50: Ich habe selbst in meinen frühen Berufsjahren auch im Theater gearbeitet, auch mal in der Opa Regie-Assistentin gewesen, der Opa Zürich.

00:12:57: Und wenn man da Placido Domingo kennt und weiß, der kommt frühestens zur Generalprobe und fliegt da mit dem Helikopter ein.

00:13:03: Und man hat ungefähr eine halbe Stunde Zeit, eben die Inszenierung zu erklären, die wir über Wochen lange erarbeitet haben.

00:13:09: Ja, solche Gelegenheiten, Menschen kennst du dann, hatte ich auch.

00:13:13: Studium in Karlsruhe, Kunstwissenschaftler sind sie und Medientheoretiker.

00:13:18: Dann Kurator an der Kunsthalle Düsseldorf bis 2007, ich rase so ein bisschen durch,

00:13:24: denn dann kam eine, ich glaube, sehr prägende Station für sie 2008 bis 2010 als Kurator an der Tate in Liverpool,

00:13:33: inklusive der Position Co-Kurator Liverpool Bienale 2010.

00:13:39: Was haben Sie da gelernt? Denn immerhin sprechen Sie in Interviews immer wieder über diese Zeit in Liverpool.

00:13:45: Ja, das ist eine unglaublich faszinierende Stadt für mich.

00:13:48: Also, als ich dorthin kam, 2008, war Liverpool europäische Kulturabstatt, auch da gibt es eine Parallelle zu essen.

00:13:55: Und das erste, was mir gesagt wurde als Ausstellungs-Sammlungsleiter,

00:13:59: wir müssen unbedingt eine Ausstellung machen, die was mit den Menschen hier in Liverpool zu tun hat,

00:14:03: weil es gab so ein bisschen die Haltung unter den Bürgern und Bürgern Liverpools, das Ganze hätte gar nichts mit ihnen zu tun.

00:14:10: Und die Liverpool sind sehr stolz auf ihre eigene Kultur.

00:14:13: Und ich war dort an der Tate und wir wollten darauf reagieren.

00:14:16: Und dann haben wir eine große Umfrage gemacht und haben die Menschen befragt nach dem Museum ihrer Wünsche.

00:14:21: Mit diesen Wünschen bin ich dann auf Künstler zugegangen und wir haben eine Ausstellung entwickelt,

00:14:26: in der sozusagen Künstler, international Künstler, aber auch lokale Künstler mit den Bürgern und Bürgern vor Ort gearbeitet haben.

00:14:33: Und das war eine sehr, sehr schöne und prägende Erfahrung, wie überhaupt in England die Vermittlung und diese Idee,

00:14:39: der Teilhabe der Partizipation in Museen eine sehr große Rolle spielt.

00:14:44: Dann war doch noch mehr als die Zeit in Frankfurt, die danach kam, ja fast Liverpool die perfekte Vorbereitung für das, was sie jetzt hier haben.

00:14:51: Ja, das finde ich auch. Ich habe das mal in meinem Bewerbungsgespräch hier in Essen gesagt,

00:14:55: dass ich da durchaus Parallelen ziehe zwischen Liverpool und Essen.

00:14:58: Das kam nicht so gut an, die hätten lieber New York gehört.

00:15:01: Aber im Endeffekt haben sie, glaube ich, verstanden, was ich meine und ich konnte das hoffentlich auch schon in den letzten 2, 3 Jahren hier ein bisschen unter Beweis stecken.

00:15:10: So, und jetzt sind Sie hier im New York an der Ruhe.

00:15:18: Welches Bild hatten Sie denn von unserer Stadt, bevor Sie hierher gekommen sind?

00:15:22: Ich kannte das Ruhrgebiet so ein bisschen, weil ich auch eine Zeit lang eben in Düsseldorf gelebt habe, dann in der Zeit häufiger hier im Ruhrgebiet unterwegs war.

00:15:29: Ich habe mal einen Sommer lang im Buchung gearbeitet, meiner internationalen Theaterakademie,

00:15:33: und da war meine Aufgabe mit jungen Autoren aus verschiedenen Ländern durch das Ruhrgebiet zu ziehen, auf der Suche nach Geschichten und Ereignissen.

00:15:41: Deswegen hatte ich schon so einen kleinen Einblick. Ich will das nicht überbewerten, aber so ein bisschen wusst ich, glaube ich, worauf ich mich einlasse.

00:15:48: Und ich mag einfach den Menschenschlag hier und dass die Leute so direkt sind.

00:15:52: Und das in Kombination sozusagen mit diesem wunderbaren Museum, mit dieser großartigen Sammlung, ist eigentlich ein Traum für Museumsmann.

00:15:58: Ja, Sie leuchten auch ihre Augen so. Das heißt, es kam auch so, wie Sie sich gewünscht haben.

00:16:02: Ja, absolut. Ich bin wirklich sehr glücklich hier und muss auch sagen, wir sind hier unglaublich offen und warmherzig aufgenommen worden.

00:16:11: Wir als Familie?

00:16:12: Wir als Familie, genau. Als ich hier ankam in den ersten Wochen, bin ich dann zur Fußrichtung Straßenbahn gelaufen und dann hörte ich hinter mir so schnelle, leise Schritte, die sich mir näherten.

00:16:25: Und dann drehte ich mich um und dann habe ich so ein kleiner Junge neben mir, vielleicht so sechs, sieben Jahre.

00:16:30: Der lief dann neben mir weiter und schaute mich von der Seite an und sagte, wir kennen uns doch.

00:16:36: Ich glaube nicht, ich bin ja ganz neu. Doch, doch, wir kennen uns.

00:16:41: Ich weiß nicht, vielleicht verwechselst du mich. Ach, macht nichts. Jetzt kennen wir uns halt.

00:16:46: Das war für mich so eine schöne Geschichte und von denen gab es viele, sozusagen gerade in den ersten Wochen und das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.

00:16:55: Wenn Sie jetzt Menschen aus, vielleicht sogar aus Liverpool oder Frankfurt hier herlocken, wovon schwärmen Sie?

00:17:02: Was versprechen Sie dem? Oder sagen Sie lieber, bleib wo Ihr seid, ich komme zu Euch. Glaube ich nicht.

00:17:08: Nein, nein, also ich finde, hier gibt es so vieles. Also jetzt mal abgesehen von dem Museum selbst, den Sammlungen, den Ausstellungen natürlich, finde ich ist hier eine sehr spannende kulturelle Szene im Ruhrgebiet.

00:17:20: Wir haben nämlich viel Kontakt mit dem Kollegen Ruhrmuseum, mit Packzollverein, mit der Theater- und Philharmonie, mit ganz vielen anderen.

00:17:28: Man kann auch Institutionen und Kolleginnen und Kollegen nicht nur in Essen, sondern in

00:17:31: Dortmund, in den Bochum, in den Räcklingenhausen.

00:17:33: Das ist eine unglaublich reiche Kulturlandschaft.

00:17:37: Und manchmal wird es vielleicht gar nicht so wahrgenommen, wie es meiner Meinung nach

00:17:41: gerechtfertigt wäre, das zu tun.

00:17:42: Aber ich habe das Gefühl, wir sind auf einem guten Weg und ich glaube, es wird auch immer

00:17:47: mehr wahrgenommen als wirklich einen zentralen Ort für die Kultur in Deutschland.

00:17:52: Best Empfehlung, die vergangene Folge mit dem Marketingchef der Stadt Essen.

00:17:57: Er hat die Energie, er hat hier vorgemacht.

00:17:59: Also es tut sich was.

00:18:00: Absolut.

00:18:01: Haben Sie einen Lieblingsplatz in der Stadt?

00:18:03: Ach, da gibt es so einige.

00:18:05: Ich bin ganz gerne unterwegs in diesem, sag ich mal, erländlichen Gebiet zwischen

00:18:12: Essen, Margariten, Höhe und Kettwich, den Bauernhöfen.

00:18:16: Da war ich letztens beim Lammbauer und wollte ein Lammkarri kaufen.

00:18:20: Diese Schichte erzähle ich immer gerne.

00:18:22: Und dann sagt er, was ist das denn?

00:18:24: Konnten Sie aber erklären, dass so was ein Lamm immer dabei hat?

00:18:27: Ja, er war nicht überzeugt nach meinen Ausführungen.

00:18:29: Dann geben Sie mir das ganze Tier.

00:18:31: Nein, aber es gibt auch viele andere wunderbare Orte.

00:18:34: Nicht nur hier im Süden, rund im Balken, da ist er auch auf Zollfein.

00:18:37: Find ich zum Beispiel die karamische Werkstatt Margaritenhöhe, die ja auf Zollfein ist,

00:18:41: nicht auf der Margaritenhöhe.

00:18:42: Das ist auch für mich so ein wahnsinnig toller Ort in Jungze Lidde, koreanische Künstler

00:18:46: und seit vielen Jahren dort bestreitet und wunderbare Objekte brennt.

00:18:51: Auch das ist ein toller Ort.

00:18:53: Zwischenspiel, Fotografie, bleiben wir auf Zeche Zollverein.

00:19:01: Das ganze Land diskutiert ja gerade dieses Gutachten der Bundesregierung.

00:19:05: Schlägt ja vorbehaltlos Essen vor als neuen Sitz für das Bundesdeutsche-Foto-Institut.

00:19:12: Was sagen Sie?

00:19:13: Brauchen wir das?

00:19:14: Ja, wir brauchen es.

00:19:15: Also, wir brauchen es nicht nur in Essen, wir brauchen es bundesweit, denn die Fotografie

00:19:20: ist das Abbildungsmedium des Industriezeitalters und Fotografie ist vergänglich.

00:19:24: Wir haben eine sehr, sehr große fotografische Sammlung im Museum mit über 65.000 Fotografien,

00:19:29: die wir bewahren und wir wissen, was es bedeutet, die zu bewahren und also konservatorisch

00:19:34: zu bewahren, aber auch zu erforschen.

00:19:35: Und das kann eine einzelne Institution gar nicht leisten.

00:19:39: Insofern ist es wichtig und ein guter Impuls von Staatsministerin Monika Grütters, ein

00:19:44: nationales Institut, zu gründen, dass sich eben darum bemüht, dieses fotografische Erbe,

00:19:49: die skulturelle Erbe der Fotografie zu bewahren.

00:19:51: Das kann ich nur begrüßen und wir sind, denke ich, in Essen prädestiniert, dafür dieses

00:19:55: Bundesinstitut bei uns zu beheiben.

00:19:57: Das sagen mittlerweile ja alle, auch eben diese Gutachter.

00:20:01: Wie ist das mit so einem Starfotograf Andreas Kurski, der sich ja für die Bewerbung Düsseldorfstark

00:20:06: gemacht hat?

00:20:07: Sie müssten einander doch kennen, Sie haben ja auch mal in Düsseldorf gearbeitet.

00:20:10: Ist er ein guter Verlierer?

00:20:11: Er kämpft natürlich und ich kann ihn auch verstehen.

00:20:13: Wir sind miteinander im guten Beneben, wir kennen uns seit vielen Jahren und jeder hat

00:20:20: seine Argumente, aber ich finde, wir haben die Schlagkräftigeren in Essen.

00:20:25: Ich fand es fast ein bisschen niedlich, dass Düsseldorf jetzt hingeht und sagt, man könnte

00:20:28: es ja auch aufteilen.

00:20:29: Jetzt, wo Sie ganz klar sagen, Essen kriegen wir jetzt nicht mehr so richtig vom Thron gestoßen,

00:20:34: da könnte doch ein Teil, ein befruchtendes Doppelinstitut, ja auch Sinn ergeben.

00:20:38: Man wird sehen, es ist ja noch nicht ganz in trockenen Tüchern.

00:20:41: Und das wollte ich überhaupt mal fragen, wie geht es jetzt weiter?

00:20:44: Der Bundestag muss es entscheiden, also im Grunde ist noch gar nicht sicher.

00:20:47: Ja, also die politischen Beschlüsse stehen tatsächlich noch raus.

00:20:50: Ja, und wir gehen auch davon aus, dass sie nicht vor der Bundestagswahl gefallen werden.

00:20:54: Und dann werden wir sehen, wie die politischen Verhältnisse nach der Bundestagswahl sind.

00:20:58: Insofern ist da noch ein bisschen ein Stück zu gehen, aber ich glaube, das Grundsätzlich

00:21:02: hat diese ganze Diskussion auch gezeigt, wie bedeutend so ein Bundesinstitut ist und wie

00:21:07: wichtig es ist, nicht nur für Essen oder Düsseldorf, sondern für Deutschland.

00:21:11: Insofern bin ich guter Hoffnung, dass es kommt und eben, wie Sie richtig sagen, die bisherigen

00:21:16: Faktenlage, sowohl die Empfehlung der Expertenkommission als jetzt auch die Machtbarkeitsstudie

00:21:22: deuten eindeutig auf Essen hin und ich gehe davon aus, dass das auch nach der Wahl noch

00:21:25: so gelten wird.

00:21:26: Waren Sie in diesem Entscheidungsprozess involviert, in die Bewerbung involviert?

00:21:31: Die Expertenkommission hat uns schon vor über einem Jahr nach Berlin eingeladen und

00:21:34: konnten wir berichten über unsere Aktivitäten hier.

00:21:37: Und wenn ich von wir spreche, spreche auch für unsere Kollegen vom Historischen Archiv

00:21:41: Group, vom Rohrmuseum und von der Volkwam University der Künste.

00:21:44: Also alles, was große Fotografie hat?

00:21:46: Genau.

00:21:47: Und eben auch in den verschiedenen Bereichen, Sammlung, Archiv, Ausstellung und Forschung

00:21:51: und Lehren.

00:21:52: Da bieten wir einfach ein sehr gutes Portfolio hier.

00:21:54: Das haben wir vorgestellt, wir haben auch ein Grundstück mit dem Gepäck gehabt auf Zollverein,

00:21:59: was sich eignet, was ja jetzt auch die Machtbarkeitsstudie bestätigt hat.

00:22:03: Insofern ja waren, war ich auch involviert zusammen mit den Kollegen und Kollegen.

00:22:07: Und als die Entscheidung dann veröffentlicht wurde, zumindest die Diskutachtens, wo hat

00:22:12: sie das erwischt?

00:22:13: Das war ja spät am Freitagabend und ich habe kurz vor 17 Uhr einen Hinweis bekommen, ich

00:22:22: soll ja gleich mal Deutschlandfunk anschalten.

00:22:24: Da sei die Staatsministerin im Gespräch mit Stefan Koldehoff.

00:22:28: Das habe ich dann gemacht und dann ist sozusagen die Bombe geplatzt im Gespräch.

00:22:32: Herzlichen Glückwunsch.

00:22:33: Danke.

00:22:34: Zu Hause in Essen, der Podcast der "Schmackers Essen" spricht ja mit den Menschen, die die

00:22:41: Zukunft der Stadt gestalten.

00:22:43: Also mussten sie ja gleich Gast der ersten Staffel sein.

00:22:47: Mit wem spreche ich eigentlich jetzt?

00:22:49: Es gab diesen einen großen Gründer, über den haben wir schon gesprochen.

00:22:52: Sie sind jetzt der achte Direktor.

00:22:54: Wer sind Sie?

00:22:55: Verstehen Sie sich jetzt als rechtmäßiger Vertreter auf Erden?

00:22:59: Also gleichen Sie Ihre Ideen mit seinen Ideen ab oder sitzen Sie zu Beginn Ihrer Amtszeit

00:23:06: von dem weißen Blatt Papier?

00:23:07: Man arbeitet immer in Zusammenhängen und da spielt die Region, die Stadt, die Sammlung,

00:23:13: die man vorfindet, die Ausstellungsgeschichte, die Sammlungsgeschichte, all das spielt damit

00:23:17: rein.

00:23:18: Also es ist nicht so, als würde man irgendwo hinkommen und hätte dieses weiße Blatt Papier.

00:23:22: Aber wie man diese Fäden aufgreift, wenn man sie weiterverarbeitet, weiter denkt, gemeinsam

00:23:27: mit dem Team.

00:23:28: Das ist natürlich schon eine großartige Auftage, die man hat.

00:23:32: Und da ist es eine Bereicherung, wenn man so etwas wie den Vollkern Gedanken hat und

00:23:36: da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland, sozusagen so eine Idee, die vor

00:23:40: über 100 Jahren erfunden wurde, aber die heute noch eine wahnsinnige Relevanz hat.

00:23:45: Also was bedeutet es, Kunst und Leben zu vereinen?

00:23:48: Was kann die Kultur heute in unseren Zeiten auch in der Zukunft bewirken?

00:23:51: Wir sind jetzt gerade in einer Phase, wo man sagt, man spricht immer über die posthumane

00:23:56: Situation oder die posthumane Entwicklung.

00:23:58: Also wo wir durch technologische wissenschaftliche Einflüsse immer weiter weg von uns selbst

00:24:04: kommen als Mensch.

00:24:05: Und ich finde, die Kunst hat dann ganz wichtige Eigenschaften, ganz wichtige Fähigkeit, uns

00:24:11: wieder auf das Menschliche zu besinnen.

00:24:12: Aber speziell mit technischen Möglichkeiten auch, ne?

00:24:16: Ja, also wir verweigern uns ja nicht der Technik oder der Digitalisierung.

00:24:19: Das wäre auch Irrsinn, nicht das zu tun in einer Zeit, denn sie kann ja auch etwas befördern

00:24:23: und nicht nur verhindern.

00:24:24: Und wir versuchen sie dort einzusetzen, wo wir es für sinnvolle achten und eben Nutzen

00:24:31: daraus ziehen.

00:24:32: Und gleichzeitig aber sozusagen unser Kerngeschäft, nämlich das menschliche Kunstwert von Menschen

00:24:39: für Menschen gemacht, nicht zu vergessen dabei.

00:24:40: Glauben Sie, das wäre ganz im Sinne von Karl-Anst Osthaus oder wäre ihm das zu viel

00:24:45: schieschi, das jetzt zu kombinieren mit Technik, mit Musik, mit Mode, mit Tanz, Theater?

00:24:49: Er hat das eigentlich ja selbst schon so angelegt.

00:24:52: Dieser Volkwangedanke besteht im Prinzip aus drei Aspekten.

00:24:55: Also interdisziplinär, also Medienübergreifend, die Dinge in Verbindung zu stellen, Kultur

00:25:00: und Epochenübergreifend und die Einheit von Kunst und Leben zu suchen.

00:25:04: Und insofern sehe ich uns ganz klar in der Tradition von Osthaus aber sozusagen unter

00:25:10: neuen Voraussetzungen.

00:25:11: Wie lässt sich den Kunsthäute zeigen?

00:25:12: Also ich habe den Eindruck, dass mit Ihnen überhaupt erst das Digitale so kam.

00:25:18: Podcast, Sie haben es erwähnt.

00:25:19: Sie haben die App.

00:25:21: Sie haben die gesamte Sammlung digitalisiert, ist es richtig?

00:25:24: Ja.

00:25:25: Ich kann nicht die über die App besuchen.

00:25:26: Ich habe sie mir gerade runtergeladen, noch nicht reingeschaut.

00:25:27: Seht ihr sie dort oder ist das nochmal eine andere Funktion?

00:25:30: Das können Sie über unsere Webseite erreichen.

00:25:32: Wie wird das angenommen?

00:25:33: Das wird gut angenommen.

00:25:34: Also wir verfolgen das jetzt in Zahlen und tatsächlich haben wir teilweise mehr Clicks

00:25:40: im Bereich der Sammlung online als auf unserer Webseite, der normalen Webseite.

00:25:45: Also das hat natürlich, sage ich mal, einen gewissen Nachteil, dass wir uns dadurch halten

00:25:51: und wir viel mehr Anfragen im Bereich Leiern fragen, weil wir natürlich besser erschlossen

00:25:55: sind, auch für jeden.

00:25:56: Er sagt, ah, was hat denn das Museum Vollkorn der Sammlung?

00:25:57: Ach so.

00:25:58: Das passt mir gut ins Thema.

00:25:59: Das frage ich jetzt mal an als Leiger.

00:26:00: Die Sie können ja noch meinen sagen.

00:26:01: Ja klar, können wir immer noch, tun wir gelegentlich auch, wir prüfen das ja genau, Leiern fragen

00:26:07: an uns und finden es auch wichtig, dass Werke aus der Sammlung auch an anderen Orten der

00:26:11: Welt gezeigt werden in wichtigen und prominenten Ausstellungen.

00:26:14: Aber das ist sozusagen dann die andere Seite der Transparenz, die wir fahren, dass wir

00:26:19: natürlich auch dadurch mehr Kommunikation befeuern.

00:26:22: Und vielleicht auch ein jüngeres Publikum ansprechen, was Ihnen ja auch wichtig ist.

00:26:26: Ja absolut.

00:26:27: Also das sehe ich auch so.

00:26:29: Wir haben zum Beispiel durch einen freien Eintritt, das hat schon sehr große Auswirkungen

00:26:32: auf unser Publikum.

00:26:33: Wir haben da zweimal eine wissenschaftliche Studie gemacht und da waren zum Beispiel über

00:26:39: 40 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 36 Jahren haben angegeben, dass der freie

00:26:45: Eintritt für sie ein wesentlicher Faktor war, das Museum zu besuchen.

00:26:49: Wir haben im Bereich Kinder und Jugendliche teilweise Steigungen im Bereich 500, 600 Prozent

00:26:57: in den letzten Jahren gehabt.

00:26:58: Also da merkt man, dass einige Maßnahmen greifen.

00:27:01: Der freie Eintritt ist das eine, aber auch natürlich die Art und Weise, wie wir kommunizieren,

00:27:05: welche Angebote wir schaffen, bewirkt eben diese Entwicklung.

00:27:10: Das könnte da links auch an diesem Videokunst direkt im Eingang gelegt haben.

00:27:13: Also erstmal natürlich klar, es ist gratis, es ist warm und trocken bei Ihnen und Sie

00:27:17: haben diese wunderbare Videounzellation, wo man Ihre Gründe selbst zur Kunst wird.

00:27:20: Das war schwierig, mich überhaupt ins Museum zu bekommen, weil ich mich aus allen Perspektiven

00:27:25: mal sehen wollte.

00:27:26: Das höre ich nicht zum ersten Mal.

00:27:28: Es gibt einige Besucher, die berichten, naja, sie sind gar nicht mehr aus dem Foyer rausgekommen,

00:27:33: weil sie so fasziniert waren von dieser interaktiven Videoarbeit von William Forsyth im großen

00:27:37: Choreographen und Künstler.

00:27:39: Man wird dann von einer Kamera aufgenommen und dann gemorft und bewegt sich sozusagen

00:27:43: mit sich selbst.

00:27:44: Und das ist eigentlich schon ein ganz gutes Beispiel, wie viel es zusammenkommt.

00:27:47: Also den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, sofort einen anderen Einstieg ins Museum zu

00:27:51: bekommen, zu sagen, es geht hier eigentlich auch um mich und ich bin Teil des Ganzen.

00:27:55: Und ich finde, besser kann man eigentlich nicht in ein Museum reinkommen.

00:27:58: Ich musste ein bisschen schmunzeln, als ich sah, dass Sie 2016 in Frankfurt ein imaginäres

00:28:18: Museum präsentiert haben.

00:28:20: Mit der Ausgangsfrage, was wäre, wenn die Museen verschwunden sind?

00:28:24: Das war vor drei Jahren eine gute Übung für jetzt, ne?

00:28:27: Absolut.

00:28:28: Das ganze spielt in einem Zukunftsszenario im Jahr 2052.

00:28:31: Und wir dachten, na ja, das ist jetzt nur nicht so utopisch, aber es ist weit genug

00:28:37: weg, weil in den nächsten Jahren passiert es ja nicht und wir wollen ja nicht irgendwie

00:28:39: von der Gegenwart eingeholt werden.

00:28:41: Und ich musste wirklich in den letzten Wochen öfter darüber nachdenken und sagen, weil

00:28:45: wir nicht gesagt haben, aus welchen Gründen die Kunstwerke erordnet, die Museen verschwinden

00:28:49: aus der Gesellschaft, wir haben den Grund offen gelassen, wir haben uns eher die Frage

00:28:51: gestellt, was wäre dann und was wollen wir eigentlich erhalten?

00:28:54: Und dass uns das jetzt im Kleinen zumindest durch zweimaligen Lockdown über mehrere

00:28:59: Monate tatsächlich schon im Jahr 2020/2021 passiert, hätte ich damals nie gedacht.

00:29:04: Aber Sie waren ja vorbereitet?

00:29:05: Ich war vorbereitet.

00:29:06: Das war auch eine gute Übung, weil man sich immer mal wieder zu selten fragt, auch als

00:29:10: Museumsmann, was ist eigentlich das Wichtige, was macht die Kunst, was bewirkt die Kunst

00:29:15: für uns und was kann die Kunst uns geben als Gesellschaft?

00:29:18: Das war eine Übung und diese Übung hat uns jetzt vielleicht auch geholfen, diesen

00:29:24: Prozess ein bisschen mehr zu reflektieren.

00:29:26: Dann sind Sie ja der einzige Mensch, der auf die Pandemie vorbereitet war.

00:29:29: Kann man Sie wählen?

00:29:30: Haben Sie noch politische Interesse?

00:29:32: Nein, aktuell nicht.

00:29:33: Kulturpolitisch ist vielleicht.

00:29:35: Im kommenden Jahr feiern Sie 100 Jahre Volkwange, das Museum dann in Essen.

00:29:41: Was haben Sie vor?

00:29:42: Ja, wir haben ein großes Wort.

00:29:44: Natürlich werden zwei sehr große Ausstellungen machen, eine zum Impressionismus und eine

00:29:49: zum Expressionismus.

00:29:50: Das sind die beiden Kunstrichtungen, die unser Museumsgründer Kallenz Osthaus maßgeblich

00:29:56: in den Blick genommen hat.

00:29:57: Da werden wir Anfang des Jahres eben eine große Ausschauung machen, Kooperation mit

00:30:01: einem japanischen Museum, dem National Museum of Western Art in Turki und werden meisterwegges

00:30:05: Impressionismus zeigen.

00:30:06: Anhand zwei Sammlageschichten, also einerseits unseres Museumsgründers Kallenz Osthaus,

00:30:12: anderen gab es einen Zeitgenossen von Austaus, einen japanischen Sammler, Kujiru Matsukata,

00:30:17: dessen Sammlung heute in Japan ist.

00:30:18: Die bringen wir zum ersten Mal wieder nach Deutschland und setzen je einen Dialog.

00:30:22: Das wird eine wirklich wunderbare Ausstellung werden.

00:30:24: Und im zweiten Teil des Jahres werden wir uns den Expressionisten widmen.

00:30:29: Da war Kallenz Osthaus auch ganz vorne schon in seiner Sammelleidenschaft, die damalige

00:30:34: junge Avangarde sozusagen.

00:30:35: Und der Expressionismus begleitet aber die Geschichte des Museums Volkwange jetzt seit

00:30:40: über 100 Jahren.

00:30:41: Insofern gibt es auch dort sehr viel zu erzählen.

00:30:43: Und auch immer wieder kombiniert interdisziplinär, wie Sie gesagt haben, mit speziellen Darreichungsformen?

00:30:50: Ja, also in der Impressionismus Ausschauung werden wir auch zwei junge zeitgenössische

00:30:54: japanische Künstlerinnen haben, mit einerseits eine Videoinstallation und einer anderen

00:30:58: skulpturalen Installation.

00:31:00: Wir werden aber auch in dem Jahr ein Projekt starten Volkwange die Stadt, den wir jetzt

00:31:05: schon in Vorbereitung sind, indem wir das Museum zur Stadt weiter öffnen wollen, weil wir uns

00:31:09: schon noch die Frage oder die Aufgabe stellen.

00:31:12: Wir können nicht erwarten, dass die Menschen immer nur zu uns kommen.

00:31:14: Ein Stück weit wollen wir auch mit dem Museum zu den Menschen gehen.

00:31:16: Eins natürlich zum Abschluss ist mir natürlich extrem wichtig, das Talent innerhalb unserer

00:31:24: Familie natürlich einmal professionell bewerten zu lassen.

00:31:27: Bitte bleiben Sie doch einfach sitzen.

00:31:29: Ich habe eine größere Auswahl an Kunstwerken da.

00:31:36: Der Künstler hier, wenn Sie schon bei mir zu Hause sind, mein Sohn, das ist die dunkle Phase.

00:31:42: Was sagen Sie?

00:31:43: Ja, erinnert ein bisschen an Actionpainting.

00:31:46: Wir sehen, dass er mit den Händen gemalt hat, sehr expressiv, abstrakt.

00:31:51: Bisschen könnte man Jackson Pollock darin sehen, amerikanischen Expressionisten.

00:31:54: Und gleichzeitig hat es doch ein klares Zentrum und eine tiefe, dunkle Fläche in der Mitte,

00:32:00: die einen hineinzieht.

00:32:01: Ja, also ich hoffe, er hält diese gerade Abstraktion.

00:32:06: Das ist das Tolle, dass Kinder häufig so eine Art sehr unverfangenen, unverforenen Zugang

00:32:13: zur Kunst haben und häufig eigentlich durch die Erziehung ein Stück weit das verlieren.

00:32:17: Und das muss man sich dann als Erwachsener mit großer Mühe wieder aneignen.

00:32:22: Und das Schöne ist, wenn es Kinder schaffen, sich ein Stück weit das zu bewahren, diese

00:32:26: Freiheit.

00:32:27: Ab wann ist man denn bei Ihnen im Museum herzlich willkommen?

00:32:30: Also erst jetzt zwei.

00:32:31: Ja, ich glaube, er kann auch ein bisschen weitermachen.

00:32:35: Und wenn er sich dann wirklich beruflich interessiert für die Kunst, dann ist er herzlich bei uns

00:32:39: willkommen, denn wir bieten Mappenkurse an und bereiten junge Menschen auch auf das Studium

00:32:44: in der Kunstakademie vor.

00:32:45: Ja, ich und ich als Besucher, Sie sprechen schon so professionell von künstlerischer Erziehung.

00:32:50: Also man kann ja auch, wenn man später Schlosser wird, Kontakt zur Kunst pflegen.

00:32:54: Ja, jedes Alter, würde ich sagen.

00:32:57: Also ich bin nicht so ein Freund zu sagen, manchmal werde ich gefragt, gibt es bei euch

00:33:01: auch eine Kinderausstellung.

00:33:02: Und ich habe nichts gegen Kinderausstellung und wir haben sicherlich ab und zu auch Angebote,

00:33:06: die sehr bewusst auf bestimmte Altersgruppen zugeschnitten sind.

00:33:10: Aber ich denke, man kann in dem Museum, wenn man nur offen genug ist, überall was finden

00:33:15: und Kinder finden, viel mehr als wir denken.

00:33:17: Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie vor allen Dingen durch all das, was Sie tun, diese

00:33:21: digitalen Formen, dieses Interdisziplinäre eigentlich vor allem eins erreichen wollen,

00:33:25: dass niemand nach einem Besuch im Museum Volkwangen sagt, okay, habe ich gesehen, reicht jetzt

00:33:32: erst mal für ein paar Jahre.

00:33:33: Ja, das ist tatsächlich ein Ziel.

00:33:35: Wir wollen die Menschen begeistern und ich glaube, das kann man mit Kunst auf unterschiedlichen

00:33:40: Ebenen, das kann man, indem man die Menschen emotional ein Stück weit abholt, indem man

00:33:45: die Menschen abholt mit den Themen, die man setzt und natürlich auch mit einer vertieften

00:33:49: Lektüre vielleicht von Kunst, das will ich gar nicht ausschließen.

00:33:53: Aber jetzt endlich ist schon unser Ziel, die Menschen in das Kommunismus Museum und nehmen

00:33:58: etwas mit, was sie vielleicht vorher so noch nicht hatten oder empfunden haben.

00:34:03: Peter Gorschlüter, vielen Dank für das Gespräch.

00:34:04: Ich danke.

00:34:05: Wir treffen uns im Museum Volkwangen, zeitnah.

00:34:08: Jetzt kommt ein großer Schwerpunkt, Tanz hatte noch erzählt und dann natürlich die

00:34:12: großen Jubiläen, also einiges dort zu erleben.

00:34:15: Hier auch übrigens, klicken Sie gern auf Abonnieren, dann meldet sich die nächste Folge ganz automatisch

00:34:20: und wenn Sie Kritik haben, Anregungen, vielleicht auch mal ein Gästevorschlag, gern weiblich,

00:34:26: dann teilen Sie uns den mit entweder über die Homepage, dort bei Podcast oder einfach

00:34:31: Ihre Ansprechpartnerin, Ihren Ansprechpartner, der Sparkasseessen, anhauen, scheiß sagen,

00:34:37: uns erreicht alles.

00:34:38: Vielen Dank und Ihnen eine gute Zeit hier in unserer schönen Stadt.

00:34:41: Das war Zuhause in Essen, ein Podcast der Sparkasseessen.

00:34:47: [Musik]

00:34:53: Copyright WDR 2020

Kommentare (1)

Kiwi

Für Neunürger dehr interessant!

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