Folge 18 - Uwe Lyko ist Herbert Knebel
Shownotes
In diesem Podcast schaut die Sparkasse Essen nach vorn. WDR Moderator Tobias Häusler spricht über das, was in der spannenden Stadt Essen passiert und passieren wird - immer mit den Menschen, die das auch gestalten.
Heute: ein Treffen mit Superstar und Wahlessener Uwe Lyko - oder doch mit dem ewigen Frührentner Herbert Knebel? Gibt es die echten Herbert Knebels überhaupt noch? Ein spannendes, offenes Gespräch - mit einer überraschenden Beichte zur beigen Jacke, zur Kappe, zur Brille… und warum Essen eine zutiefst lebendige Stadt ist.
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Transkript anzeigen
00:00:00: (Ruhige Musik)
00:00:01: Ja, ich finde, Essen hat sich sehr zum Vorteil verändert.
00:00:05: Mittlerweile hat der Essener Norden ja auch sehr viel zu bieten.
00:00:08: Mit der ganzen Empscher-Region, mit der Renaturierung der Empscher.
00:00:12: Viele freie Theater, nach wie vor.
00:00:14: Also, ich hab nicht das Gefühl, ich lebe hier in der Totenstadt.
00:00:18: Ganz wichtig ist mir immer, dass verstehen viele Leute falsch.
00:00:21: Der Knebel ist überhaupt kein Spießer.
00:00:23: Der Knebel ist eher so ein ...
00:00:24: Das weiß er gar nicht selber, so ein Alltagsanarchist.
00:00:28: Viele Leute lassen sich immer so von dem Outfit blenden.
00:00:30: Damit haben sie es ihm auch schwer gemacht. - Ja, ja.
00:00:33: Es gibt auch Momente, wo ich nachher dann manchmal verfluchte.
00:00:36: Wo ich denke, hätte die Kappe und die Brille
00:00:38: und die Jacke mal besser weggelassen.
00:00:41: Zu Hause in Essen.
00:00:43: Ein Podcast der Sprachkasse Essen.
00:00:45: Mit Tobias Häusler.
00:00:48: Ja, Sie hören das schon, das wird eine besondere Folge.
00:00:52: Ein sehr offenes, ein sehr ehrliches Gespräch.
00:00:55: Herzlich willkommen, schön, dass Sie mit dabei sind.
00:00:58: In diesem Podcast sprechen wir über unser schönes Zuhause,
00:01:01: über Essen und zwar immer mit dem Blick nach vorn.
00:01:04: Also keine Ruhrgebietromantik.
00:01:06: Ach ja, die schöne alte Zeit.
00:01:08: Sondern ganz klar, das Beste ist heute und morgen.
00:01:12: Ich hab immer einen Menschen zu Gast,
00:01:14: der genauer dieses Morgen mitgestaltet.
00:01:16: Aus der Politik kann er kommen, aus der Wirtschaft, Wissenschaft,
00:01:19: Sport, Ehrenamt, aus der Kultur.
00:01:22: Und Kultur ist wieder einmal genau heute.
00:01:25: Wenn es Botschafterinnen und Botschafter gibt des Ruhrgebiet,
00:01:29: dann gehört er mit ganz wenigen, würde ich sagen,
00:01:32: in die erste Reihe Uwe Lyko mit seiner Figur Herbert Knebel.
00:01:37: So stachst er damit Steifenbeinen mit der Hüfte,
00:01:40: Begejacke, Kappe über die Bühnen.
00:01:43: Und das schon seit vielen Jahrzehnten.
00:01:45: Zwei Dinge macht unser Gespräch besonders spannend.
00:01:48: Zum einen steht ja Herbert Knebel für ein Ruhrgebiet,
00:01:51: dass es so klassisch kaum noch gibt.
00:01:54: Was wir vielleicht sogar auch loswerden wollen,
00:01:56: darüber sprechen wir.
00:01:57: Und zum anderen Uwe Lyko selbst ist jetzt mit 67 älter als Herbert Knebel,
00:02:03: den er selbst über Jahrzehnte auf so 61 geschätzt hat
00:02:07: und eben auch als Rentner gespielt hat, schon mit Anfang 30.
00:02:10: Uwe Lyko hat ihn mittlerweile, hat seine Figur, überholt.
00:02:14: Und deswegen kam auch nicht Herbert Knebel,
00:02:16: sondern Uwe Lyko direkt von der Physiotherapie zu mir ins Studio.
00:02:21: Erst Physiotherapie, dann Podcast, worauf haben Sie sich heute Morgen,
00:02:25: als Sie aufgestanden sind, mehr gefreut?
00:02:27: Äh ...
00:02:29: (Lachen)
00:02:30: Ich bin ganz ehrlich auf die Physiotherapie.
00:02:32: Ehrlich? - Ja, weil meine Schulter die zwickt.
00:02:35: Und der Physiotherapeut, bei dem ich bin, der hat so begenadete Hände,
00:02:40: die können Sie mir wahrscheinlich nicht bieten.
00:02:43: Ja, das passiert auf der Aftershow-Party,
00:02:45: wenn wir uns gut verstehen.
00:02:47: Aber Sie sind streng genommen jetzt erst im Offizier
00:02:51: in Rentenalter.
00:02:53: Äh, ja, seit ... ähm ...
00:02:56: ... drei, vier ... ja, ungefähr. - 67.
00:02:58: Regelaltersrente, war das ein erhebendes Gefühl,
00:03:01: ein erhabenes Gefühl, auf einmal den Rentenausweis zu kriegen
00:03:05: und zu wissen, man kriegt jetzt regelmäßig seinen Rentenbeitrag.
00:03:09: Wann haben Sie denn eingezahlt?
00:03:11: Als Fernmelde-Techniker in der Ausbildung?
00:03:13: Da haben Sie sich schon schlau gemacht,
00:03:16: dass ich Fernmelde-Anwerke habe.
00:03:18: Ich habe schon ganz früh eingezahlt,
00:03:20: das ist das normale. - Ja.
00:03:22: Da habe ich ja auch schon eingezahlt.
00:03:24: Dann habe ich ja mehrere Jahre in dem Beruf gearbeitet,
00:03:27: hab eingezahlt, dann habe ich ja Zivildienst gemacht.
00:03:30: Da zahlt man ja auch ein. - Ja.
00:03:32: Dann war ich ein Jahr auf einer Fachoberschule,
00:03:35: hab die mittlere Reife nachgemacht.
00:03:37: Da habe ich nicht eingezahlt.
00:03:39: Dann war ich, ja, dann habe ich längere Zeit rumgejobbt.
00:03:43: Da habe ich auch nicht eingezahlt.
00:03:45: Und dann habe ich aber wieder relativ schnell ...
00:03:48: ... feste Jobs gehabt mit Sozialversicherung an und drum und dran.
00:03:51: Ja.
00:03:53: Und als es dann losging mit der Knebelkarriere,
00:03:56: mit dem Affentheater,
00:03:57: da habe ich dann ja über die KSK auch Rentenbeiträge eingezahlt.
00:04:02: Die Künstlersozialkasse? - Ich habe jahrzehntelang
00:04:04: immer fleißig in die Rentenkasse eingezahlt.
00:04:07: Und ...
00:04:08: Jetzt kriege ich auch eine ganz gute Rente.
00:04:10: Jetzt sind wir schon mal im Geld, ne? Was kriegen Sie raus?
00:04:13: (Lachen)
00:04:14: Ja, ich glaube ... - Ja, kein Vermögen.
00:04:17: Aber trotzdem, ich mein, ich verdiene ja auch ...
00:04:20: ... ist ja kein Geheimnis, ich verdiene ja ganz gut ...
00:04:23: ... mit meinem Job als Kabarettiskomedien.
00:04:26: Aber trotzdem ist es ein schönes Gefühl gewesen,
00:04:30: was ich übrigens auch mit meinem Kollegen Wilfried Schmickler,
00:04:33: der auch vor Kurzem die Regel Altersrente erreicht hat,
00:04:37: haben uns beide noch mal gesagt, ist aber auch ein schönes Gefühl.
00:04:40: Wenn man so jahrzehntelang eingezahlt hat,
00:04:43: und jetzt kriegt man seinen Rentenausweis,
00:04:45: und einen guten Betracht überwiesen, wo man weiß,
00:04:48: wenn mal alle Stricke reißen,
00:04:50: dann kommt man damit noch so halbwegs über die Runde.
00:04:53: Ja, vergleichen Sie mit früher, macht Sie das sentimentale
00:04:56: oder freuen Sie sich einfach nur über diesen Bescheid?
00:04:59: Warum sollte ich mich das sentimentale machen?
00:05:02: Na ja, gibt ja Lebenskrisen in jedem Alter.
00:05:04: Ich finde, 67 wäre doch eine schöne Gelegenheit.
00:05:07: Nee, nee, da habe ich eigentlich ...
00:05:09: Ich habe, glaube ich, noch nie so Alterskrisen gehabt.
00:05:12: Also, ich 50 wurde.
00:05:13: Da habe ich gedacht, ja, so jetzt geht's so langsam in die Zielgraden.
00:05:18: Oh Gott, okay.
00:05:19: Ja, ja, mit 50.
00:05:20: Aber als ich 60 geworden bin oder auch jetzt,
00:05:22: ne, da habe ich eigentlich nicht so ...
00:05:25: Manchmal bin ich ein bisschen erschrocken,
00:05:28: wenn ich dran denke, dass ich in 13 Jahren schon 80 werde.
00:05:33: Ja.
00:05:34: Da bin ich manchmal erschrocken.
00:05:36: Aber jetzt mit 67, also, ich bin, glaube ich, noch sehr fit für mein Alter.
00:05:40: Und sehr agil ...
00:05:41: Hätten Sie es nicht gesagt, hätte ich es gesagt,
00:05:43: die waren eine deutliche, jungen Eindruck.
00:05:46: Ja, sagen wir auch immer wieder Leute.
00:05:48: Ja, ist ja so.
00:05:49: Es gibt aber auch viele Momente, oft auch morgens nach dem Aufstehen,
00:05:53: wo ich weiß, Uwe, da musst du dir nichts vormachen.
00:05:55: Du bist einfach 67.
00:05:56: Das ist auch schon wieder beim Thema Physiotherapeutisch.
00:05:59: Den habe ich früher nämlich nicht benötigt.
00:06:02: Es gibt bei Ihnen ja eine absolute Besonderheit,
00:06:05: die ich ja kaum mit einem Menschen besprechen kann auf der Welt.
00:06:08: Sie sind ja seit Jahrzehnten ein Rentner mit Anfang 60.
00:06:13: Absurde Situation. Absurd.
00:06:15: Absurd.
00:06:16: Ja, und früher wurde ich dann immer gefragt,
00:06:20: als die Rolle entstanden ist,
00:06:22: als wir so langsam so einen gewissen Bekanntheitsgrad auch kriechten.
00:06:27: Und dann so Interesse, da war an Interviews,
00:06:30: dann wurde dann oft die Frage gestellt,
00:06:34: was machen Sie denn, wenn der Knebeln mal ...
00:06:36: Oder wenn Sie Knebels Alter erreichen?
00:06:39: Ja, spannend.
00:06:40: Ja, das war mir irgendwie so weit weg.
00:06:43: Da wusste ich überhaupt nicht, darauf zu antworten.
00:06:45: Und irgendwann war es so weit, und das habe ich gar nicht richtig gemerkt.
00:06:50: Da war, glaub ich, erst mit 63.
00:06:51: Wir hatten den Knebeln selber, wir, sag ich immer,
00:06:54: weil wir ein Autorenteam sind.
00:06:56: Die Figur hab ich schon kreiert, aber die ganzen Nummern,
00:06:59: die ganzen Texte, die wir schreiben,
00:07:01: das mache ich mit meinem Autorenteam zusammen.
00:07:04: Das ist ja üblich.
00:07:05: Und mit 63 war das, glaub ich, so, dass ich da irgendwann mal gesagt hab,
00:07:09: jetzt bist du ja tatsächlich älter als der Knebel.
00:07:12: Und wir hatten den Knebeln, wie gesagt,
00:07:14: immer so bei 61 hatten wir den so angestellt.
00:07:17: Wie alt macht der sein? Also 60, 61.
00:07:20: Das war vor 60 Jahren. - Ja.
00:07:22: Jetzt ist er das junge Talent, wenn Sie schauen von oben drauf.
00:07:26: Ja, ja.
00:07:27: (Ruhige Musik)
00:07:28: Etwas lachen musste ich schon.
00:07:41: Wenn ich mal bei Wikipedia schaue,
00:07:43: da haben Sie natürlich als Uwe Lüco einen Eintrag
00:07:45: und als Herbert Knebel, also jeweils einen Eintrag.
00:07:48: Es gibt aber einen Warnhinweis, kennen Sie den?
00:07:51: Über den Wikipedia-Eintrag? - Nee.
00:07:53: Da steht, die Artikel Herbert Knebel und Uwe Lüco
00:07:55: überschneiden sich thematisch.
00:07:57: Diskutiere direkt mit, du kannst dabei helfen,
00:07:59: die Artikel zusammenzuführen oder besser voneinander abzugrenzen.
00:08:03: (Lachen) Ist ja interessant.
00:08:05: Wir können auch einfach mal Wikipedia grüßen und sagen,
00:08:08: wir machen da jetzt mit und beginnen mal mit Uwe Lüco.
00:08:11: Da war zweieinhalb Monate Fußball-Weltmeister.
00:08:14: Da setzte Ihre Mutter sozusagen in Duisburg-Neumühlen
00:08:18: noch mal einen drauf, kann man ja so sagen,
00:08:21: und brachte Ihren Uwe.
00:08:22: Sie wissen gar nicht, was Sie mit diesen Informationen anfangen sollen.
00:08:26: Aber es war nichts mehr, wie es war in Deutschland,
00:08:29: Weltmeister, und dann kam Uwe Lüco.
00:08:31: Tja, was soll ich dazu sagen?
00:08:33: (Lachen)
00:08:34: Zufall, reiner Zufall. - Reiner Zufall.
00:08:37: Da ist ja die Frage.
00:08:39: Eigentlich hat Ihre Mutter ja Zwillinge bekommen.
00:08:42: Ohne es zu merken, denn auch Herbert erzählt ja auf der Bühne
00:08:46: gern von seiner Kindheit in Duisburg-Neumühlen
00:08:48: in der Nachkriegszeit. - Ja, stimmt.
00:08:51: Wie war die? Vielleicht mal so, wenn ich jetzt sage,
00:08:53: Kindheit und Jugend im Rohrgebiet in Duisburg-Neumühlen.
00:08:57: Wie war das? - Das war eine ganz tolle, sehr intensive Zeit.
00:09:00: Und ich hab ja auch noch ganz viele Sachen wirklich lebhaft in Erinnerung.
00:09:04: Duisburg-Neumühlen war damals ganz anders,
00:09:08: als Duisburg-Neumühlen heute ist.
00:09:10: Da, wo jetzt die A42 entlangläuft, wo es die Abfahrt gibt,
00:09:15: nach Duisburg-Neumühlen,
00:09:16: da war ein riesengroßes Waldgebiet,
00:09:19: in dem wir als Kinder gespielt haben, ganz abenteuerlich.
00:09:22: Da haben wir dann noch so Nazi-Utensilien gefunden,
00:09:26: die dann irgendwelche Leute nach dem Krieg
00:09:28: da heimlich versteckt hatten,
00:09:29: irgendwelche Leder, Mental und Messer.
00:09:32: Und wir haben uns Höhlen gebaut.
00:09:34: Und ... ja, und ...
00:09:36: Ja, wir haben uns ...
00:09:38: Die Eltern existierten für uns gar nicht.
00:09:41: Im besten Sinne. - Ja, im besten Sinne.
00:09:43: Ja, ich weiß nicht, im besten Sinne.
00:09:45: Die hatten im Prinzip nur eine Versorgung und eine Bestrafverfunktion.
00:09:49: Wenn wir nach Hause kamen und Blödsinn gemacht haben,
00:09:52: was eigentlich jeden Tag vorkam,
00:09:54: dann haben wir eine Geschallaut gekriegt,
00:09:56: wie man so schön sagt, im Rohrgebiet.
00:09:58: Und dann war auch gut.
00:10:00: Und wir haben auch auf der Straße gelebt.
00:10:02: Also jetzt nicht wie Straßenkinder, wir hatten ja ein Zuhause.
00:10:06: Aber ... ja, und die ganze Kindheit war ein einziges Fußballspiegel.
00:10:10: Wie kam es zum Fernmelde-Techniker, so ging es ja los?
00:10:13: Ja, ich hab damals normale Schulausbildung gehabt,
00:10:18: also Hauptschule.
00:10:20: Damals war Gymnasium noch was ganz Besonderes.
00:10:23: Ja, klar, 15 Prozent. - Da gab es in jeder Klasse
00:10:25: zwei oder drei Schlaue, meistens zwei Mädchen und einen Jungen.
00:10:29: Die durften dann zum Gymnasium gehen.
00:10:31: Und die anderen hatten aber alle gar keine Lust.
00:10:34: Wir wollten so oder fanden wir toll, so richtigen Beruf erlernen.
00:10:38: Und ich hab damals geglaubt, ich hätte so ein Febel für Technik.
00:10:43: Ich hatte irgendwann mal zum Geburtstag
00:10:46: ein Radiobaukastengeschenk gekriegt.
00:10:48: Und da hat er mir ein Radio gebaut und das funktionierte.
00:10:51: Und dann hab ich gedacht, jetzt werd ich Radio- und Fernsehmächaniker.
00:10:55: Und dann hat mir aber ein Onkel dringend dazu abgeraten
00:10:58: und sagte, mach das bloß nicht,
00:11:00: dann muss ich in irgendeiner Klitsche anfangen
00:11:02: und nur Bier und Brötchen holen.
00:11:04: Mach was anderes, was wär denn mit Fernmelderhandwerker?
00:11:07: Da bist du auf einer richtigen Fernmeldestuhr bei der Bundespost.
00:11:11: Ja, und das hat mich überzeugt.
00:11:12: Dann hab ich mich da beworben und dann hab die mich tatsächlich genommen.
00:11:16: Die haben da nicht jeden genommen.
00:11:18: Da gab da eine Aufnahmeprüfung, die musste man machen.
00:11:21: Ja, und dann bin ich Fernmelderhandwerker geworden.
00:11:24: Und nach drei Monaten in der Ausbildung merkte ich aber schon,
00:11:27: was hast du denn da gemacht?
00:11:29: Da hat ich's doch überhaupt nicht erzählt, was du machen willst.
00:11:32: Ja, aber damals war das so, was man angefangen hat.
00:11:35: Da macht man auch zu Ende.
00:11:36: Und ich hatte erzählt, in dem Beruf hab ich dann auch lange gearbeitet.
00:11:40: Schön, dass wir das mal richtig stellen.
00:11:42: Ich glaub, bei Wikipedia steht, dass sie das abgebrochen haben.
00:11:45: Nee, nee, nee.
00:11:47: Ja, bei Wikipedia steht einiges.
00:11:49: Ich weiß auch nicht, wer die Informationen da reinstellt.
00:11:52: Ich setz mich nach der Folge mal hin und korrigier mal das an.
00:11:55: Das ist auch nicht immer alles so richtig.
00:11:57: Ich hätte bei irgendeiner Radiosendung
00:11:59: in einem Kommissar meine Stimme geliehen.
00:12:02: Stimmt übrigens auch nicht.
00:12:04: (Lachen)
00:12:05: Dann kam der Punk, ne? Punkband B1.
00:12:09: Weil man Punk damals machen wollte als Protest,
00:12:12: oder wollten sie Musik machen? Sie waren der Sänger.
00:12:15: Ach, beides.
00:12:16: Schon wegen der Musik, natürlich.
00:12:19: Aber auch ...
00:12:21: Ja, Protest, weiß ich nicht, direkt.
00:12:23: Aber auch so ein bisschen diese Lebenshaltung, die da hintersteckte.
00:12:27: Äh ...
00:12:29: Was waren Sie denn?
00:12:30: Gegen alles.
00:12:31: (Lachen)
00:12:32: Dann sind Sie im Punk bestens aufgehoben.
00:12:35: Nein, nicht gegen alles.
00:12:37: Gegen Kapitalismus, gegen Ausbeutegesellschaft,
00:12:40: gegen Nazis ...
00:12:42: Sachen, wo ich auch noch heute größtenteils dagegen bin.
00:12:46: Ich muss grad sagen ...
00:12:47: Wir waren aber jetzt auch mit B1 diese Band.
00:12:49: Da war jetzt auch nicht so eine richtige Punkband.
00:12:52: Von uns auch keiner punkig aus.
00:12:54: Wir hatten keine Sicherheitsnadeln im Ohr und kein Iro.
00:12:58: Keine buntgefärbten Haare.
00:13:00: Es war mehr eine Rockband, die so einen ...
00:13:03: so einen punkigen Einschlag hatte.
00:13:05: Und dann kam ein Auftritt auf der Zeche Kahl.
00:13:08: Das war allerdings ein Kabarettauftritt, wenn das so stimmt.
00:13:12: Und da ist für mich ein Bruch, weil für mich gibt's fast nichts
00:13:16: ernsthafteres als Punk.
00:13:18: Und nichts lustigeres als Kabarett.
00:13:20: Wie kann man sich jetzt ... - Wir waren eine lustige Punkband.
00:13:23: Die Leute kamen nicht so sehr wegen unserer Musik,
00:13:27: sondern wegen dem Entertainment auf der Bühne.
00:13:30: Zwischen den Stücken? - Ja, ja.
00:13:32: Da haben Sie schon das Mikrofon in der Hand gehabt?
00:13:35: Wir haben auch Sachen nicht ganz ernst genommen.
00:13:37: Wir haben dann auch viele Sachen, so ein bisschen ...
00:13:40: Punkparodie. - Ja, auch.
00:13:43: Okay.
00:13:44: Der Auftritt war dermaßen ein Erfolg,
00:13:46: dass Sie dann irgendwann gekündigt haben,
00:13:49: sich eingelassen haben auf diese Mischung Theater-Kabarettmusik.
00:13:53: Woran erkennt man oft Zeche Kahl?
00:13:55: Ein Erfolg, der einen alles hinschmeißen lässt.
00:13:58: Das war nicht nur der eine Auftritt.
00:14:00: Also, Knäbelz Affentäater hatte sich damals gefunden.
00:14:04: Und wir hatten dann irgendwann einen Premierentermin,
00:14:07: wo dann viele Leute hinkamen erstaunlicherweise.
00:14:11: Weil wir hatten ja gar keinen Namen.
00:14:13: Aber kannten halt viele Leute, um so ein Umfeld, die alle gekommen sind.
00:14:17: Und der Auftritt war ja nicht so gut.
00:14:19: Der war zur Hälfte, hatte ich das Gefühl,
00:14:23: bei ja, Astreine Nummern.
00:14:25: Und die andere Hälfte war auch so ein bisschen zum Fremdschäben.
00:14:28: Die hatten einen kalten Sprung ins Wasser probiert.
00:14:31: Danach haben wir uns hingesetzt.
00:14:33: Dann hab ich gesagt, pass auf.
00:14:35: Dann hatten wir das behalten.
00:14:37: Und die Auftritte danach, die wurden dann immer besser.
00:14:41: Dann hab ich mit der Zeit gemerkt,
00:14:43: wenn uns die Ideen nicht ausgehen,
00:14:45: dann könnte das wahrscheinlich mal so was werden,
00:14:48: wo man ganz gut von leben kann.
00:14:50: Das sind ja alles sehr komische Vögel.
00:14:52: Sie haben damals aber schon den Ton angegeben?
00:14:55: Sie sind ganz... - Ja, damals...
00:14:57: Ja, zu Anfangszeiten war das Konzept auch noch ein bisschen anders.
00:15:01: Da war ich... Also, der Sigi Domke, der hat er dann noch mitgespielt,
00:15:04: der jetzt auch als Koautor mitarbeitet.
00:15:06: Und der Sigi und ich, wir haben eigentlich den Laden geschmissen.
00:15:10: Und die anderen beiden, die haben wirklich nur Musik gemacht.
00:15:13: Da hätte man auch während der Schone Decke drüber hing.
00:15:16: Liebe Grüße. - Liebe Grüße an die Kollegen.
00:15:19: Und der Sigi ist dann irgendwann ausgestiegen.
00:15:23: Ja, und dann hab ich gesagt, also, Leute,
00:15:25: jetzt brauchen wir einen anderen Gitarist,
00:15:27: weil der Sigi auch Gitarre gespielt hat.
00:15:29: Und wir müssen jetzt alle, oder ihr müsst jetzt auch mit...
00:15:33: mal in die Bresche springen, dann kann ich die alles alleine machen.
00:15:36: Ja, und das war ein Glücksgriff.
00:15:39: Also, erst waren wir tot traurig, als der Sigi ausgestiegen ist.
00:15:42: Aber im Nachhinein hat sich das wirklich als Glücksgriff erwiesen,
00:15:46: weil auf einmal die anderen aufgeblüht sind.
00:15:48: Und dann wirklich diese Bühnencharaktere entstanden sind.
00:15:52: (Dynamische Musik)
00:15:54: (Dynamische Musik)
00:15:56: Ihre Kabarettband, also diese Band, die wir da beschreiben,
00:16:06: Herbert Knebels Affentheater, da sind sie Anfang 30,
00:16:10: gründen aber eine Rentnerband.
00:16:13: Was ist an Rentnern so bezaubernd,
00:16:16: dass sie es gar nicht erwarten konnten, einer zu sein?
00:16:19: (Lachen)
00:16:20: Auch wieder Zufall.
00:16:22: Ich hatte diese Figur, wie man so schön sagt,
00:16:26: der kam auf einmal, kam der Knebel aus mir raus.
00:16:28: Und ich glaube, das war so eine Ansammlung von Kindheitserinnerung,
00:16:33: von irgendwelchen schrägen Nachbarn und Onkels aus dem Ruhrgebiet.
00:16:36: Auf einmal war irgendwann diese Stimme da
00:16:39: und dieser Gestus, und ...
00:16:43: etwa völlig klar, das ist ein älterer Mann.
00:16:46: Ich höre Sie jetzt ja hier von dem Mikrofon normal sprechen.
00:16:49: Wie ist der Unterschied dann zu Knebel?
00:16:52: Oder brauchen Sie da für die Brille und die Mütze?
00:16:54: Dann kann ich euch so machen.
00:16:56: Muss ich nur so ein bisschen hier die ...
00:16:59: Das haben Sie erst mal hinter der Bühne, das ist Ihnen so rausgerutscht.
00:17:03: Ach, aus Ihnen heraus. - So beim Improvisieren ist er entstanden.
00:17:06: Die anderen fanden das total lustig.
00:17:08: Und er war klar, er ist ein älterer Typ.
00:17:11: Und den musste ich dann irgendwie auch kaschieren.
00:17:14: Mit Kappe und Brille, so kam es auch mit der Kappe und der Brille.
00:17:18: Und ich hatte, glaube ich, als kleines Kind schon immer
00:17:21: ein Febel für so ältere Herren.
00:17:24: Die hatten so einen ungewollten Witz ganz oft.
00:17:28: Stellen Sie uns den Herbert Knebel doch mal vor.
00:17:30: Über die Jahre ist hier eine ganze Welt entstanden um ihn herum.
00:17:34: Da gibt es ja mittlerweile eine große lange Biografie.
00:17:37: Der Knebel fing ja erst mal ganz alleine an.
00:17:40: Die erste Nummer war eine Rauchernummer.
00:17:42: Weil war nämlich der Hintergrund für diesen spontanen Ausbruch.
00:17:48: Wir hatten damals noch alle starke Raucher geraucht.
00:17:52: Und wir hatten so einen kreativen Durchhänger,
00:17:55: um das nichts eingefallen.
00:17:56: Irgendwann hatte ich noch eine Zigarette hinan und sagte,
00:17:59: bolleck mir am Arsch die ganzen Knochen gilt.
00:18:03: Dann habe ich angefangen, so zu improvisieren. Da ist die erste Knäbelnummer entstanden.
00:18:07: Dann kamen wir ans Schreiben und dann kriegte der Knäbel irgendwann eine Frau.
00:18:13: Das war seine Frau Guste. Dann brauchte der Knäbel irgendwann auch noch Freunde.
00:18:18: Den Kurt-Harras-Szene, Helmut Borsig und dann irgendwelche Nachbarn.
00:18:23: Kinder kamen, Enkel kamen.
00:18:24: Die Kinder kamen eben nicht. Das sind nämlich die ganz großen Brüche in der Knäbelbiografie.
00:18:30: Der Knäbel hat Enkelkinder, aber keine Kinder.
00:18:32: Ach so, verstehe.
00:18:33: Ja, die Kinder, die kommen in keiner Nummer vor.
00:18:35: Ach so, okay.
00:18:36: Ist uns aber irgendwann erst mal aufgefallen.
00:18:38: Marcel und Jackeline, die aber auch in den letzten Jahren eigentlich keine Rolle gespielt haben.
00:18:43: Sie haben keine Eltern. Sie sind wiederum der Vater.
00:18:45: Ja, ja, im Prinzip schon. Generation übersprungen.
00:18:49: Charakterlich, was würden Sie sagen? Ich habe gestern, wirklich gestern Abend,
00:18:52: nochmal drei Stunden Material gesehen von ihm.
00:18:55: Also ich finde er ist unglaublich schwer zu fassen.
00:18:58: Er ist manchmal laut, er ist manchmal plump.
00:19:01: Aber dann wieder auf seine ganz eigene Art so liebevoll. Ganz schwer zu fassen.
00:19:06: Tja. Ich würde den Knäbel auch so beschreiben, dass der durchaus ein liebevoller Typ ist.
00:19:13: Und ganz wichtig ist mir immer, dass verstehen viele Leute falsch.
00:19:17: Der Knäbel ist überhaupt kein Spießer.
00:19:19: Der Knäbel ist eher so ein, das weiß er gar nicht selber, so ein Alltagsanarchist.
00:19:25: Und der sich auch eigentlich eher über Spießer aufrecht und über Spießer lustig macht.
00:19:31: Also da gibt es auch irgendwie ganz viele Nummern zu.
00:19:34: Und viele Leute lassen sich immer so von dem Outfit blenden.
00:19:37: Mit der Kappe und mit der Brille und mit der B-Schneidjacke.
00:19:40: Damit haben Sie es immer auch schwer gemacht.
00:19:42: Ja, ja. Es gibt auch Momente, wo ich dann im Nachhinein manchmal verfluch.
00:19:47: Wo ich denke, hätte die Kappe und die Brille und die Jacke mal besser weggelassen.
00:19:51: Wäre ich mal Punk geblieben?
00:19:53: Nein, nein, nein, dann auf keinen Fall.
00:19:55: Nein, aber man wird dann schon relativ schnell, ja, man wird in so eine Schublade gesteckt.
00:20:01: Ja, der ist ja verkleidet.
00:20:03: Dann ist er schon mal zweitklassige Unterhaltung.
00:20:06: Wenn sie eine verkleiden muss, das ist schon mal zweitklassige Unterhaltung.
00:20:09: Ja, erleben Sie das so?
00:20:11: Durchaus oft. Also, die Kritik vom Fühlton an belangt schon.
00:20:16: Ja, ich habe aber jetzt kein unbedingt sympathischeres Bild von Menschen,
00:20:21: die mit ihrem eigenen Namen und ihrem eigenen Charakter auf der Bühne stehen.
00:20:24: Da gibt es ja auch Beispiele, die das dermaßen vermischen.
00:20:27: Ja, die werden aber komischerweise, werden die ernster genommen.
00:20:32: Also, ich will mich jetzt auch nicht beklagen.
00:20:34: Also, ich habe ja auch genügend Zuspruch erfahren, auch von Kritikern.
00:20:39: Aber hin und wieder gibt es dann doch so Momente, wo ich denke,
00:20:43: vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ihr dir damals nicht die Sachen zugelegt hättest.
00:20:49: Weil ich glaube, dass diese Figur auch ohne das Outfit funktioniert hätte.
00:20:54: Das wäre jetzt die Frage gewesen.
00:20:55: Wäre es dann vielleicht nochmal, hätten Sie dann wechselnde Rollen übernommen?
00:20:58: Vielleicht noch so ein Bio-Hipster-Pedabogen?
00:21:00: Ja, hatten wir ja am Anfang vom Affentheater.
00:21:02: Also, das Konzept beim Affentheater war ja am Anfang, wir hatten ja viele Rollen.
00:21:07: Also, ich habe ja nicht nur den Kniebel gespielt.
00:21:10: Ich hatte, glaube ich, im ersten Programm sieben oder acht verschiedene Rollen.
00:21:16: Und der Kniebel hat mir aber eigentlich am meisten Spaß gemacht.
00:21:20: Und nachher war es einfach so, dass wir dann nur noch für diese Figur geschrieben haben.
00:21:26: Klingt so ein bisschen traurig, ist aber nicht so gemeint.
00:21:29: Nee, nee, nee, nee.
00:21:31: Sie sagen, Sie könnten heute vielleicht ein bisschen mehr machen,
00:21:34: wenn Sie diese Kappe nicht hätten, diese Begejacke,
00:21:38: also vielleicht auch diese Körpersprache.
00:21:40: Eigentlich sehe ich da sofort Rohgebiet, ich sehe das alte Rohgebiet,
00:21:43: ich sehe den Brieftaubenzüchter.
00:21:45: Ich sehe im Grunde das alte.
00:21:47: Was würde Sie noch interessieren?
00:21:49: In welche Richtung könnten Sie sich kniebeln?
00:21:51: Ja, ich habe ja mit dem Kniebel schon sehr viel Freiheit.
00:21:54: Also, ich sage da auch immer, wenn ich in Interviews gefragt werde,
00:21:59: werden Sie diese Rolle denn nicht leid?
00:22:02: Wo ich immer sage, Leute, ich kann singen, ich kann tanzen,
00:22:07: ich kann Gitarre spielen, ich kann Ukulele spielen,
00:22:09: ich kann Blues-Hubs spielen, ich kann Jazz-Sachen singen,
00:22:13: ich kann Heavy Metal singen, ich kann Folklore machen.
00:22:16: Und Sie könnten jederzeit aufhören.
00:22:18: Ja.
00:22:19: Kann man eigentlich die Dinge, die Sie so gemacht haben auf der Bühne,
00:22:27: geht das alles noch so 2022?
00:22:29: Ich habe das mal abgeklopft.
00:22:31: Ich habe nichts sofort gefunden, wo ich gedacht hätte,
00:22:33: da würde ich heute noch mal drüber nachdenken.
00:22:36: Also, okay, vielleicht diese Ehe-Klische, die Sie immer wieder mal bedienen.
00:22:40: Da kommt Gusto einmal nach Hause und sagt, jetzt ist Zeit für Emazipation.
00:22:45: Emazipation, oder wie Sie sagen, das hat auch die Wissenschaft schon längst widerlegt.
00:22:50: Das ist heute noch lustig.
00:22:52: Das ist leider noch lustig.
00:22:54: Manche schauen ja so ein bisschen auf Ihr Gesamtwerk und sagen,
00:22:56: ja, das würde ich heute so nicht mehr machen, bereuen Sie was?
00:22:59: Nein, überhaupt nicht.
00:23:00: Es gibt Nummern aus den Anfangstagen, die würden wir heute so nicht mehr schreiben.
00:23:06: Also, so ein Thema würden wir heute nicht mehr so bearbeiten.
00:23:08: Wir haben uns natürlich auch weiterentwickelt vom Schreiben her.
00:23:11: Also, die Nummern sind viel komplexer geworden.
00:23:15: Die haben viel besseren Erzählstrangen, haben viel höhere Pointendichte als damals.
00:23:20: Aber das war damals auch einfach so der Zeitgeschuldet.
00:23:24: Und das Schöne an vielen Knebelnummern ist, da kann man auch nach 20 Jahren noch drüber lachen,
00:23:30: weil die nicht so sehr dem Zeitgeist verhaftet sind.
00:23:34: Und Sie sind nie, zumindest war das mein Eindruck, nie bösartig.
00:23:38: Ja, das sehe ich auch so.
00:23:40: Aber so ein Klassiker wie die Wurst-Tägenschlange, da kann man auch nach 25 Jahren auf der Bühne immer noch spielen
00:23:48: und die Leute lachen sich kaputt, weil da hat sich nichts verändert.
00:23:51: Die Oma, die da vorne steht und von jeder Wurst eine Scheibe kauft
00:23:55: und man dahinter irgendwie eine halbe Stunde wartet, da sind so Situationen, die wird es immer noch geben.
00:24:00: Ja, genau, nur mit mehr Abstand in der Schlange.
00:24:03: Und mit Maske.
00:24:05: Wäre er geimpft, Herr Knebel?
00:24:07: Ja, natürlich.
00:24:09: Knebel lässt sich impfen, auch Boostern.
00:24:13: Das ist doch kein Querdenker.
00:24:15: Das heißt, er würde jetzt auch nicht aufpassen, was er sagt, weil es gibt ja diese Quatschkörper,
00:24:18: die sagen, man dürfen nicht mehr alles sagen in Deutschland, das wäre auch nicht sein Ding.
00:24:21: Nee, nee, überhaupt nicht.
00:24:23: Da ist der Knebel, glaube ich, ganz so wie der Uwe Lyko, dass man den Leuten mal sagen sollte.
00:24:27: Auch Wissabatt geht doch mal einfach nach Nordkorea.
00:24:30: Wenn man eine richtige Diktatur ist, dann kommt der wieder und haltet einfach eure blöde Schnauze.
00:24:34: Entschuldigung, wenn ich hier so...
00:24:36: Nein, bitte.
00:24:38: Das sind jetzt Leute, die sagen ja alles und sagen dann, dass man nicht mehr alles sagen kann.
00:24:43: Ja, ja, ist der Hammer. Die kriegen irgendwie ihr Demonstrationsrecht,
00:24:46: werden von der Polizei noch geschützt und eskortiert und erzählen, dann sie würden in der Diktatur leben.
00:24:51: Und echt?
00:24:52: Und dulden keinen Widerspruch.
00:24:54: Aber wir kommen ein bisschen ab.
00:24:56: Sie wohnen mittlerweile, deswegen unterhalten wir uns ja auch überhaupt so gerne jetzt mit ihnen,
00:25:00: sie wohnen in Essen und das schon ziemlich lange jetzt, an verschiedenen Orten.
00:25:03: Ja, seit Anfang der 80er Jahre wohne ich in Essen.
00:25:08: Erst in Essen Frohenhausen, dann in Essen Hutrop, dann in Essen Süd und dann in Alten Essen.
00:25:19: Und jetzt seit, ich glaube, 21 Jahren in Werden.
00:25:23: 21 Jahre?
00:25:24: Ja.
00:25:25: Und klar, sie hatten ja auch 67 Jahre Zeit, ohne da jetzt ständig drauf rumhacken zu wollen.
00:25:29: Ja, wobei ich ja erst Anfang der 80er...
00:25:31: Ja, das sind, das weiß ich ziemlich genau, weil da komme ich ja her auch schon dann 40 Jahre jetzt.
00:25:36: Ja.
00:25:37: Sie haben selbst mal in Essen, Alten Essen gelebt.
00:25:40: Herbert Knebel lebt laut Rollenbiografie dort.
00:25:45: Gibt es den Herbert noch im Ruhrgebiet?
00:25:48: Ja, ich würde sagen schon.
00:25:49: Den Typ?
00:25:50: Ja, ja, also wird ja immer gesagt, Knebel ist so ein Klischee aus vergangenen Tagen.
00:25:57: Und ich finde, den Typen, den gibt es nach wie vor.
00:26:00: Vielleicht sieht er nicht ein bisschen anders aus, aber so vom Sprache, vom Gehstus her,
00:26:08: um einfach auf Fußballplätze gehen, in einem unteren Liegen sich an die Barriere mit hinstellen
00:26:15: und selbst, wenn es den so nicht mehr geben sollte, was soll's?
00:26:22: Das ist eine Figur, über die ich Themen und Geschichten transportiere und die sind durchaus aktuell.
00:26:30: Und da ist man halt auch egal, ob der Typ vom Aussehen her, von der Figur her authentisch ist oder nicht.
00:26:36: Das ist eine Kunstfigur.
00:26:38: Trinkt sein Bierchen da an der Bude, diskutiert die Themen aus der Zeitung.
00:26:43: Man könnte ihn natürlich vorwerfen, dass sie da ein Klischee bedienen oder vielleicht sogar festhalten,
00:26:48: dass das Ruhrgebiet, das sie statt essen, gerne loswerden möchte.
00:26:52: Ja, aber das ist doch auch ein Stück Ruhrgebiet, was das Ruhrgebiet auch auszeichnet.
00:26:58: Also was auch ein bisschen so die Originalität so das Ruhrgebiet ausmacht.
00:27:03: Die Mentalität, der Witz der Leute hier, dieser Schroffe, aber doch liebevolle Witz.
00:27:11: Wenn man hier zu einem sagt, da fühlt sich keiner beleidigt.
00:27:16: In München gibt's eine Anzahl.
00:27:18: Ich finde, das hat ganz viel mit Ruhrgebieten zu tun.
00:27:20: Also auch so mit der Kultur ist ja nicht nur Ruhrlandmuseum.
00:27:25: Kultur ist ja auch, was so zwischen den Menschen abgeht. Kultur ist ja auch Sprache.
00:27:32: Also das ist ja die Frage, was wir uns bewahren sollten.
00:27:36: Wir sind ja so ein bisschen im Aufbruch, habe ich den Eindruck.
00:27:38: Die Kohle ist weg, wir brauchen eine neue Perspektive.
00:27:41: Sie würden sagen, die Sprache und die Art, sie zu sprechen und die Deutlichkeit direkt hat,
00:27:47: die würden sie sich bewahren.
00:27:49: Ja, auf jeden Fall.
00:27:51: Ja, kann man natürlich nicht zwanghaft bewahren, aber ich würde mir wünschen,
00:27:54: dass das so einfach weiterlebt.
00:27:58: Gibt's Begriffe, die sie auf keinen Fall verlieren möchten?
00:28:01: Werter? Herbert Knebel kennt sie alle.
00:28:04: Nein, nein, nein, er kennt sie nicht alle.
00:28:06: Es gibt ja so ein paar Sachen, das sagt ja heute keiner mehr, wie Motec.
00:28:11: Also ein dicker Hammer Motec, das sagt glaube ich keiner mehr.
00:28:15: Und jetzt fällt mir gar nichts ein.
00:28:18: Das Interessante ist, aber das kann jetzt vielleicht auch nur ein Zufall gewesen sein,
00:28:20: sobald wir darüber sprechen, was Herbert Knebel an Begriffen kennt oder nicht,
00:28:24: bewegen sie ihren Kopf anders.
00:28:27: Dann haben sie plötzlich diese ruckartige Bewegung.
00:28:29: Bin ich hier beim Psychologen?
00:28:31: Nein, dann bist du hier einfach auf.
00:28:32: Sie brauchen diese Kappe gar nicht.
00:28:34: Er steckt doch hier mit im Raum irgendwie.
00:28:37: Nein, es ist ja auch bei Lesungen so.
00:28:39: Ich mach ja auch oft Lesungen und da gehe ich ja auch nicht verkleidet hin.
00:28:43: Also da habe ich gesagt, da fände ich jetzt Albon, zu einer Lesung verkleidet hinzugehen.
00:28:47: Und ja, das ist dann, wenn ich dann anfange, eine Knebelgeschichte zu lesen
00:28:53: und sobald diese Stimme da ist, ist natürlich auch der Gestus irgendwie da.
00:28:57: Und dann fangen die Leute direkt an zu lachen, also auch ohne Kappe und Brille.
00:29:02: Was würden Sie denn Ihrem gut 30-jährigen Ich mittlerweile sagen über das Rentner Dasein?
00:29:11: Was haben Sie vielleicht damals noch nicht bedacht, als Sie die Rolle bemerkt haben?
00:29:15: Oh, eigentlich nix.
00:29:18: Nee, nee.
00:29:19: Dem ist nichts hinzuzufügen sozusagen.
00:29:21: Nee.
00:29:22: Und wie gesagt, als ich 63 war, da fiel mir irgendwann ein,
00:29:24: ach, jetzt bist du schon zwei Jahre älter als der Knebel.
00:29:27: Sind Sie jetzt der bessere Herbert Knebel?
00:29:29: Also verschmilzt das?
00:29:30: Verschmelzen Hund und Herrchen?
00:29:32: Nee, der bessere Herbert Knebel als der Knebel vor 30 Jahren,
00:29:38: einfach aus dem Grund, weil die Figur insgesamt stimmiger geworden ist
00:29:44: und unsere Texte einfach auch besser geworden sind, finde ich.
00:29:47: Es gibt ja immer noch so Nostalgie-Fans, die uns dann ganz am Anfang entdeckt haben
00:29:52: und dann gesagt haben, ja, früher, da fand ich euch aber,
00:29:55: da war da noch, da wart ihr irgendwie noch besonders gut, wo ich irgendwie denk,
00:29:59: ja, Kollege oder Kollegin, da liest ihr mal Texte durch aus den ersten Jahren,
00:30:04: dann sagst du nach zwei Absätzen, okay, alles klar.
00:30:07: Ach, das müssen sich auch alle Musiker gefallen lassen.
00:30:10: Wo wir jetzt eigentlich fast schon wieder bei ihrem absoluten Lieblingsthema sind,
00:30:14: zumindest spüre ich, dass die Musik ist ihnen, glaube ich, wichtiger
00:30:18: als die klassischen Herbert Knebel-Fans, das so wahrhaben wollen.
00:30:21: Sie machen einfach unglaublich gerne Musik.
00:30:23: Ja, ja, das ist schon sehr wichtig für mich.
00:30:24: Die Musik hat auch in den letzten Jahren den etwas größeren Stellenwert
00:30:27: eingenommen in den Knebelprogrammen.
00:30:29: Also der Musikanteil ist jetzt nicht gigantisch gewachsen,
00:30:33: aber doch deutlich mehr geworden.
00:30:35: Das sind die großen Hits, die großen Klassiker des Rock, des Pop mit neuen Texten?
00:30:40: Ja, größten Teils, aber nicht nur.
00:30:43: Also wir haben auch viele Sachen dabei, die gar nicht so bekannt sind.
00:30:46: Jetzt im aktuellen Programm haben wir ein Cover von Frank Sinatra von Fly Me to the Moon.
00:30:52: Und was wir richtig so jazzmäßig spielen.
00:30:55: 1 zu 1 Cover oder wie heißt das Ding bei Ihnen?
00:30:57: "Fly Me to the Moon".
00:30:59: Oh, du geht ja noch.
00:31:01: Sehr so schenlich.
00:31:03: Aber nicht mit Elon Musk, sondern mit Guste.
00:31:06: Eine Liebeserklärung, "Fly Me to the Moon".
00:31:08: Das ist doch auch schön.
00:31:10: Ich dachte eher, er schießt sie dort hin und kommt nicht mit.
00:31:13: Und dann haben wir ja noch ein Projekt, das nennt sich Herbert Kiebels Affenteater Privat.
00:31:17: Das wäre die letzte Frage gewesen.
00:31:19: Hab ich gesehen, gibt es bei YouTube.
00:31:21: Das ist, da ist gar, wer da Herbert Kniebel erwartet, der kriegt erstmal Uwe Lyko.
00:31:25: Sie alle unverkleidet, die Band.
00:31:27: Und damit sieht man auch mal, was das für tolle Musiker sind.
00:31:30: Nichts lenkt ab.
00:31:31: Das sieht man aber auch schon beim Affenteater.
00:31:33: Ich mein aber, okay, Sie haben natürlich recht,
00:31:35: dass das Outfit lenkt ja doch schon mal erst so ein bisschen ab.
00:31:39: Ja, und das wurde erstaunlicherweise, wurde das vom Publikum sehr, sehr gut angenommen,
00:31:44: dieses Herbert Kiebels Affenteater Privat.
00:31:46: Weil wir haben ja nicht nur diesen Livestream gemacht,
00:31:48: sondern wir treten damit auch schon seit ein paar Jahren auf.
00:31:51: Aber ganz, ganz selten nur im Jahr.
00:31:54: Was steht an in diesem Jahr, das also? Was noch?
00:31:57: Das werden wir auf jeden Fall machen am Ende des Jahres,
00:31:59: wenn es nicht wieder, oh Gott, so eine neue Virusvariante gibt,
00:32:02: die wieder alles zurück auf los setzt.
00:32:04: Gibt es nicht, das weiß ich exklusiv.
00:32:06: Ja, okay, dann verlasse ich mich da mal drauf.
00:32:09: Sitzieren Sie mich gerne.
00:32:10: Ja, dann wird es hoffentlich, endlich, unser neues Programm geben.
00:32:15: "Fahr zur Hölle Baby".
00:32:17: Ja, das klingt wieder nach Herbert Kniebel.
00:32:19: Ja.
00:32:20: Da ist er wieder, ja.
00:32:21: Und da sind wir jetzt noch am Schreiben, fangen bald mit den Proben an.
00:32:26: Und dann habe ich noch ein paar Auftritte mit meiner wunderbaren Kollegin Gerburch-Janke.
00:32:32: Ach nein.
00:32:33: Und mit Wilfried Schmickler und Fritz Erkenger zusammen.
00:32:35: Das klingt ja wirklich nach den WDR-Festspielern.
00:32:37: Wir machen, wir haben schon einmal so einen gemeinsamen Abend gemacht
00:32:41: und das hat wunderbar funktioniert.
00:32:43: Und jetzt haben wir eben diesem Frühjahr, haben wir noch insgesamt,
00:32:48: ich glaube, vier Auftritte, die wir zuviert machen.
00:32:51: Viel Spaß, da werden wir uns auf jeden Fall mal begegnen.
00:32:54: Ich würde Ihnen gerne zum Abschluss vielleicht eine weiße leere Plakatwand geben,
00:32:59: mit der Chance, das Essen auch Ruhrgebiet der Zukunft zu zeigen.
00:33:04: Was glauben Sie, welche Chancen haben wir jetzt?
00:33:06: Die Kohle ist weg, Herbert steht noch an der Bude,
00:33:08: die Bude haben wir zum Glück auch noch.
00:33:10: Was kommt?
00:33:12: Ja, ich finde Essen hat sich sehr zum Vorteil verändert.
00:33:17: Also Rüttenscheid zum Beispiel ist ein unglaublich lebendiges Viertel geworden,
00:33:21: mit vielen jungen Leuten, jungen Familien.
00:33:25: Da gibt es wunderbare Cafés, da gibt es kleine Lädchen,
00:33:30: wo die Leute selber was machen.
00:33:32: Dann ist das Ruhrgebiet ja auch immer mehr zu einem Tourismusmagnet geworden.
00:33:37: Also ich kriege es ja selber mit in Werden, wenn da der Wetter schön ist.
00:33:41: Da ist ja die Hülle los.
00:33:43: Also ich denke, beim Sommer ist am Starnberger See nicht viel mehr los.
00:33:47: Und mittlerweile hat der Essen der Norden ja auch sehr viel zu bieten,
00:33:51: mit der ganzen Emscherregion, mit der Renaturierung der Emscher,
00:33:56: mit dem Fahrradsystem, wo ja wirklich immer weiter dran gearbeitet wird,
00:34:01: diese alten Bahntrassen miteinander zu verbinden.
00:34:04: Stimmt, Sie fahren ja auch Geldfach an.
00:34:05: Ruhrgebiet und bergisches Land und so weiter.
00:34:08: Dann die vielen Museen, die das Ruhrgebiet hat, viele freie Theater,
00:34:13: nach wie vor, auch wenn es den finanziell jetzt nicht besonders gut geht in diesen Zeiten.
00:34:19: Und Essen hat ja auch selber ein tolles Theater, ein tolles Ensemble.
00:34:23: Ja, ich finde Essen und das Ruhrgebiet hat schon eine Menge zu bieten.
00:34:28: Also ich habe nicht das Gefühl, ich lebe in der toten Stadt.
00:34:32: Also die Innenstadt, okay, wenn man da dann manchmal durchgeht.
00:34:36: In der Folge gibt es da mit Richard Rürhoff,
00:34:38: dem Leiter der Essener Marketinggesellschaft, da passiert eine ganze Menge.
00:34:42: Also kann ich Ihnen schon jetzt was machen auf die Folge?
00:34:45: Ich würde mich darüber freuen.
00:34:46: Und auf die Innenstadt.
00:34:47: Ja, ich würde mich darauf freuen.
00:34:49: Ja, ja.
00:34:50: Ganz herzlichen Dank, Sie wissen ja, eine gute Psychologenstunde hat 45 Minuten,
00:34:55: wir bleiben drunter.
00:34:56: Ja.
00:34:57: Ich danke Ihnen sehr, Uwe Lyko für Ihre Zeit.
00:34:59: Ja, ich war gerne hier.
00:35:00: Danke.
00:35:01: Ach, hätte Herbert Knebel doch keine Begejacke und keine Kappe.
00:35:06: Das verfluche ich manchmal.
00:35:08: Das habe ich so von Uwe Lyko noch nie gehört.
00:35:10: Also besten Dank für diese Ehrlichkeit und diese Offenheit.
00:35:14: Solche Gespräche gibt es weiterhin.
00:35:16: Monat für Monat.
00:35:17: Ich schaue hier schon auf die kommenden Folgen.
00:35:19: Ich sehe hier auch schon Gäste, aber ich verrate es mal nicht.
00:35:22: Sag Ihnen aber sofort Bescheid, sobald es die neue Folge gibt.
00:35:25: Das funktioniert, indem Sie zu Hause in Essen abonnieren.
00:35:29: Und noch eine kleine Bitte, wir freuen uns immer sehr über Kommentare.
00:35:32: Also wenn Sie was schreiben, ein Hinweis, Kritik, ein Kompliment,
00:35:35: wenn es Ihnen rausrutscht.
00:35:36: Einfach ein paar Zeilen, die gehen immer ans ganze Team.
00:35:39: Ihnen jetzt einen gesunden Februar, wir haben es bald hinter uns.
00:35:43: Ein guten Februar hier in unserer schönen Stadt.
00:35:47: Das war Zu Hause in Essen, ein Podcast der Sparkasser Essen.
00:35:53: Die neue Folge, jeden zweiten Dienstag im Monat.
00:35:59: [Musik]
00:36:03: Copyright WDR 2021
Dirk Nozulak
‧Thomas zurawski
‧Uwe Leigraf
‧